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1. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 432

1863 - Essen : Bädeker
432 mancher denkende Kopf hatte sich die Frage aufgeworfen, ob nicht Afrika unten in eine Spitze auskaufe, und ob man nicht durch Umschiffung desselben schneller und ungehinderter nach Indien gelangen könne? Im 14. und 15. Jahrhunderte waren die Portugiesen die unternehmendsten Seefahrer, und König Johann Ii. sandte einen kühnen Mann, Bartholomäus Dtaz, zur Entdeckung dieses See- weges nach Indien aus. Wirklich erblickte er die äußerste Spitze von Afrika, und in froher Ahnung gab ihr der König den Namen „Vorgebirge der guten Hoffnung", überzeugt, daß es jetzt nicht mehr schwer halten müsse, das ersehnte Indien aufzufinden (1486). In eben der Zeit kam ein anderer Mann auf einen noch kühneren Gedanken: „Wie," dachte er, „ist nicht die Erde eine Kugel? Lesen wir nicht in alten Neisebeschreibungen, daß Indien sich in unermeßlicher Weite gegen Osten erstreckt? und muß man daher nicht, wenn man gerade nach Westen segelt, am Ende auf dasselbe treffen? Ja, haben nicht portugiesische Seefahrer Leichname von ganz eigenthümlicher Körperbildung, künstlich bearbeitetes Holz und unbekanntes Rohr von Westen her auf den Wellen treiben sehen? Und wie, das sollte nicht auf ein Land im Westen deuten? Dieser ungeheure Ocean sollte eine solche Wasser- wüste, und alles Land nur auf die eine Halbkugel zusammengedrängt sein?" Je mehr er darüber nachsann, desto mehr wurde er von der Nichtigkeit seiner Ver- muthung überzeugt; und er beschloß, Hand an die Ausführung zu legen. Christoph Columbus — dies ist der Name des großen Mannes — war in Genua geboren. Schon als Knabe widmete er sich dem Seemannsberufe. Doch bald überzeugte sich sein höher strebender Sinn, daß er ohne Kenntniß der Geometrie, Stern- und Erdkunde nur ein gemeiner Schiffer bleiben würde, und er widmete sich diesen Wissenschaften voll Eifer. Von seinem 14. Jahre an war er beständig zur See; in einigen Gefechten legte er Beweise großen Muthes und unerschrockener Geistesgegenwart ab. Seiner Vaterstadt wollte er den Vortheil und die Ehre seines Unternehmens zuwenden; aber theils scheute man die Kosten der Ausrüstung der hierzu nöthigen Schiffe, theils sah man in den Vorschlägen des Columbus nur überspannte Ideen, und nannte ihn einen Plänemacher. In Lissabon ging es ihm nicht besser; da wandte er sich nach Spanien. Aber auch hier hielt man ihn für einen Träumer, und Einer meinte sogar in seiner Weisheit, wenn man da so weit herumsegeln wollte, so müßte man ja zuletzt immer tiefer und tiefer hinun- tergleiten und könnte dann am Ende den Wasserberg nicht wieder hinaufi Endlich nach 5 Jahre langem Harren gelang es, Jsabella, die Königin von Spanien und Gemahlin Ferdinand des Katholischen, dahin zu vermögen, daß sie dem Columbus drei Schiffe übergab. In einem Vertrage wurde feierlich festge- setzt, daß Columbus zum Großadmiral aller neuen Meere und zum Unterköntg aller Länder und Inseln, die er entdecken würde, ernannt sei, daß ihm der zehnte Theil aller Einkünfte gehören, und daß alle diese Würden und Vortheile auf seine Erben übergehen sollten. Die Schiffe waren ziemlich mittelmäßig und klein; 120 Personen machten die ganze Bemannung aus und die meisten von ihnen ließen sich nur ungern auf dieses Unternehmen ein. Am 3. August des Jahres 1492 stieß die kleine Flotte vom Lande ab, in Gegenwart unzähliger Zuschauer.' Nach mehreren Tagen erhob sich ein Ostwind und bald war alles Land verschwunden. Ein entsetzlicher Gedanke für Menschen, die sich zum ersten Male auf einem von der ganzen lebendigen Welt abgeschnittenen Gezimmer von Balken und Brettern den wilden Wogen Preis gegeben sahen; rings umher Meer und Himmel. Immer weiter und weiter fortgetrieben, von einem Verwegenen angeführt, der keine andere Kunde von seinem Ziele hatte, als die, welche seine Einbildung ihm vorspiegelte! Wahrlich, es war den Beherztesten nicht zu verdenken, wenn ihnen bange wurde; wenn sieden Rasenden verwünschten, der mehr als hundert Menschen so kaltblütig, wie es ihnen schien, mit in sein eigenes Verderben zog. Columbus flößte ihnen indessen durch seine eigene Ruhe Bewunderung und Vertrauen ein.• Unermüdet stand er mit Senkblei und Beobachtungsinstrumenten
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