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1. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 490

1863 - Essen : Bädeker
490 Steht gebaut aus schnce'gem Glanz, Zum Beweis dem ungläubigen Kinde. Da muß es der Mutter nun sagen der Knabe, Er weckt sie vom Schlaf mit der Kunde. Da hört er die Reiter, sie ziehen im Trabe, Und möchte sie sehen zur Stunde. Doch zur Straf' cs ihm geschieht, Daß er nicht die Reiter sieht; Denn die Mauer, sie steht in der Runde. Da macht es die Mutter zur Strafe dem Knaben, Den Weg durch die Mauer zu brechen. Da muß er nun schaufeln, da muß er nun graben; Und als er mit Hauen und Stechen Durch ist, sind die Reiter fort, Und die Nachbarn stehn am Ort, Die sich über das Wunder besprechen. (Fr. Rückert.) L3. Die Posaune des Gerichts. Gerade dort, wo die Gemarkungen zweier Dörfer sich scheiden, mitten im Walde, wurde in der Frühlingsnacht zur Zeit des Voll- mondes eine schreckliche That vollbracht. Ein Mann kniete auf einem andern, der leblos dalag. Eine Wolke verhüllte das Antlitz des Mondes; die Nachtigall hielt inne mit ihrem schmetternden Gesänge, als der Knieende den Dahingestreckten aussuchte,' und Alles, was er fand, zu sich steckte. Jetzt nahm er ihn auf die Schulter und wollte ihn an den Strom, der ferner rauschte, hinabtragen, um ihn dort zu versenken. Plötzlich ^blieb er stehen, keuchend unter der todten Last. Der Mond war herausgetreten und warf sein sanftes Licht durch die Stämme, und es war, als ob aus den Strahlen des Mondes die Töne eines herzzerreißenden Liedes getragen würden. Ganz nahe blies ein Posthorn die Weise des Liedes: „Denkst du daran?" Dem Tra- genden war's, wie wenn die Leiche auf seinem Rücken lebendig würde und ihn erwürge. Schnell warf er die Last ab und sprang davon, immer weiter und weiter. Endlich am Strome blieb er stehen und lauschte hin; Alles war still, und nur die Wellen flössen schnell dahin, als eilten sie fort von dem Mörder. Dieser ärgerte sich jetzt, daß er die Spuren seiner That nicht vertilgt habe und sich von sonderbarer Furcht forttreiben ließ. Er eilte nun zurück, wandelte hin und her, bergauf und bergab, der Schweiß rann ihm von der Stirn; es war ihm, als ob er Blei in allen Gliedern hätte. Mancher Nachtvogel flog auf, wenn er so durchs Dickicht drang, aber nirgends fand er das Gesuchte. Er hielt an, um sich zurecht zu finden, um sich die Gegend genauer zu vergegenwärtigen; aber kaum war er drei Schritte gegangen, so war er in der Irre. Alles flimmerte vor seinen Augen, und es war ihm, wie wenn die Bäume auf- und niederwandelten und ihm den Weg verstellten. Der Morgen brach endlich an; die Vögel schwangen sich auf und sangen ihre hellen Lieder, vom Thale und aus den Bergen hörte man Peitschen knallen. — Der Mörder machte sich eiligst davon. Die Leiche wurde gesunden und nach dem Dorfe gebracht, in des- sen Gemarkung sie lag. An der rechten Schläfe trug der entseelte Körper Spuren eines Schlages, wie von einem scharfen Steine. Kein Wanderbuch, kein Kennzeichen war zu finden, aus dem man die Her- kunft des Entseelten entnehmen konnte. Auf dem Kirchhofe, der neben der Kirche hoch oben auf-dem Hügel liegt, an dessen Fuß die Land-
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