1854 -
Altona
: Lehmkuhl
- Autor: Grün, P. C.
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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durch mehrere Eigenthümlichkeiten, namentlich hinsichtlich der Sprache,
von einander unterschieden. Nachdem die Gothen sich eine Zeitlang
an der südlichen Küste der Ostsee ausgehalten, wo wir sie schon
mehrere Jahrhunderte vor Christi Geburt antreffen, setzten sie die
von Asien aus begonnene Wanderung von Osten gegen Norden und
Westen sort. Frühzeitig an Schifffahrt und Seeleben gewöhnt,
gingen sie über die Ostsee und besetzten die Ostseeinseln und die
gerade gegenüber liegenden Länder. Ein Stamm ließ sich in Schonen,
Seeland, Fühnen und den umliegenden Inseln, so wie in dem nord-
östlichen Theile der cimbrischen Halbinsel nieder, während andere
Verwandte Stämme sich über die standinavische Halbinsel verbreiteten.
Der Zweig des germanischen Stammes, welcher in Norddeutschland
und im südlichen Theile der cimbrischen Halbinsel, in Holstein,
wohnte, sübrte den Namen der Sachsen; allein einzelne mit ihnen
verwandte Stämme drangen von hier bis in das heutige Schleswig
und in die südlichen und westlichen Theile des jetzigen Jütlands vor,
wo sie sich unter dem Namen Angeln und Jüten niederließen.
Diese beiden germanischen Volksstämme wurden später durch eine
Auswanderung nach England, ähnlich der jetzigen europäischen nach
Amerika, die mehrere Jahrhunderte hindurch dauerte, bedeutend ver-
mindert, und ihr Land größtentheils von ihren nördlichen Nachbarn,
welche die zurückgebliebenen Ueberreste verdrängten oder sich mit ihnen
vermischten, besetzt. Die westlichen Küsten des südlichen und mittleren
Theiles der cimbrischen Halbinsel wurden von den Frisen besetzt,
welche, gleich wie die Sachsen, ein Zweig des großen germanischen
Stammes waren. Der gothische und standinavische Zweig des
germanischen Stammes hat eine Menge von dunklen Erinnerungen
und Ueberlieferungen aus der ersten 'Auswanderungszeit aufbewahrt,
welche alle dahin gehen, daß die Landesbewohner, mit welchen die
Eindringlinge Krieg führten, eine kleine, friedliche, schwache, aber
auch listige, behende und thätige, dunkle Race gewesen ist. Der
Kampf scheint nicht lange gedauert zu haben; denn die Besiegten
zogen sich nach dem hohen Norden Skandinaviens zurück, in sofern
sie nicht Sklaven wurden. Schon Odin (70 v. Ch.) drang bis
Upsala vor, heißt es, und vernichtete überall die listigen, boshaften
Jetten, deren Zauberkünste die Gothen weit mehr fürchteten, als
ihren kriegerischen Muth. In der vorgothischen Periode war das
Vaterland theils mit ungeheuren Wäldern, theils mit öden Haiden
und großen Sümpfen bedeckt, und diese natürliche Beschaffenheit des
Landes scheint den Namen D änema rk veranlaßt zu haben, welchen
man von Dan, Davn, Dovn, d. h. siach, niedrig, und Mark,
eine bewaldete Ebene, herleitet.
b. Die Wenden.
Die Wenden und Frisen spielten einst in der Geschichte unserer
Halbinsel eine nicht unwichtige Rolle. Beide Völker sind im Lause