1854 -
Altona
: Lehmkuhl
- Autor: Grün, P. C.
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Schwächeren Gat und Eigenthum abpressten, wobei dieser ausser dem
Verlust auch noch die Schande erlitt, sich mit Geld Voh einem Zwei-
kampfe freigekauft zu haben. Dieser gesetzlose Zustand fand nur einen
Widerstand in einzelnen edlen Helden, welche einen besseren Ruhm
darin suchten, solche Räuber herauszufordern und zu todten. Nachdem
man sich öffentlich herausgefordert hatte, fanden sich beide Parteien,
gewöhnlich am dritten Tage, mit ihren besten Waffen versehen und
von Freunden und Verwandten begleitet, auf dem bestimmten Kampf-
plätze ein. Der Herausgeforderte durste für sich einen Andern stellen,
obgleich es nicht für ehrenvoll gehalten wurde ; der Herausforderer war
aber verpflichtet, sich selbst einzufinden, und unauslöschliche Schande
folgte dem, der sich einem verabredeten Zweikampfe entzog. Er wurde
mit dem Namen eines Niding (Nichtswürdigen) gebrandmarkt, für un-
würdig gehalten, an der Gesellschaft ehrenhafter lilänner Theil zu
nehmen, einen Eid vor Gericht abzulegen und ging überhaupt sowohl
seiner bürgerlichen Achtung als seiner bürgerlichen Rechte verlustig.
Eine sogenannte Nidstange wurde für ihn errichtet, auf deren Spitze
ein Pferdekopf befestigt ward. Auf der Stange selbst wurden Runen
eingeritzt, um seine Schande zu verkündigen. Nicht selten dauerte der
Kampf länger als einen Tag, und die Streitenden verbrachten alsdann
oft die Nacht friedlich neben einander, im edclmütbigen Vertrauen auf
gegenseitige Ehrlichkeit. Gab der endliche Ausfall des Kampfes dem
Sieger das Leben seines Gegners in die Hände, so bot er bisweilen
Schonung an; gewöhnlich aber wollte der Ueberwundene lieber als
Feind seines Gegners sterben, denn als sein Freund leben. Der Zwei-
kampf hörte durch den Einfluss des Christenthums und die Einführung
einer mehr gesetzlichen Verfassung in der alten Weise allmälig auf;
allein ein Ueberrest von den Sitten der älteren Zeit hat sich doch bis
auf unsere Tage in den Duellen erhalten.
11. Der blinde König.
Was steht der nord'schen Fechter Schaar
Hoch auf des Meeres Bord?
Was will in seinem grauen Haar
Der blinde König dort?
Er ruft in bitterm Harme
Auf seinen Stab gelehnt,
Daß überm Meeres arme
Das Eiland wiedertönt:
„Gieb, Räuber, aus dem Ftlsverließ
Die Tochter mir zurück!
Ihr Harsenspiel, Ihr Lied, so süß,
War meines Alters Glück.
Vom Tanz aus grünem Strande
Hast du ste weggeraubt,
Dir ist es ewig Schande,
Mir beugt's das graue Haupt.
Da tritt aus seiner Kluft hetvor
Der Räuber, groß und wild,