1854 -
Altona
: Lehmkuhl
- Autor: Grün, P. C.
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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sind Schullehrer und Organisten gewesen, auch sein Vater
war dazu bestimmt. Als junger Mensch von 20 Jahren kam
er nach Kopenhagen und wurde auf Verwendung des viel-
vermögenden Grafen Adam Gottlob Moltke, dessen Töchter er
in der Musik unterrichtete, Organist an der Friedrichsberger
Kirche, stieg darauf zum Schlossgevollmächtigten und später
zum Schlossverwalter, in welchem Amte er starb.
Unsers Oehlenschlägers Erziehung und Bildungsgang bis
zur Confirmation war der gewöhnliche der Kinder des Mittel-
standes. Eine verdriessliche Winkelschulmeisterin zum Entree
der Schullaufbahn, demnächst Aufnahme in die Küsterschule
und Beschluss des Schulunterrichts in der Realschule. In
der Realschule offenbarte sich die Dichternatur schon deutlich,
es war indess natürlich, dass die kleinen Comödien , die er
schrieb und selber mit seiner Schwester Sophie und einigen
Schulkammeraden im Speisesaal des Schlosses aufführte, eben
sowenig als einige meistens satirische Gedichte, wie diese
ganze Beschäftigung überhaupt, vor dem Rector keine Gnade
fanden. In den Jünglingsjahren finden wir ihn im Kampfe
mit der unerbittlichen Forderung des Lebens. Der Mensch
muss ein bestimmtes Fach erlernen, eine Wissenschaft stu-
diren. Ein Mensch, der bloss dichten oder schreiben kann,
ohne ein Examen bestanden zu haben, ist ein verunglücktes
Genie. Das fühlte und erkannte Oehlenschläger auch, darum
wurde studirt, geträumt, getändelt, ein Versuch als Schau-
spieler gemacht und aufgegeben; von Neuem studirt, ein Vor-
bereitungsexamen glücklich bestanden und ernstlich unter
A. 8. Oerstedts Anleitung die Jurisprudenz in Angriff ge-
nommen. Bei dem Angriff ist’s denn auch geblieben und
Oehlenschläger nie ein trockener Jurist geworden. Zwischen
dichterischen Schöpfungen wurde ab und zu ein Blick aufs
Fachstudium geworfen und dasselbe ungefähr mit dem
24. Jahre bei Seite gelegt — es war entbehrlich!
Mit öffentlicher Unterstützung unternahm Oehlenschläger
im Herbst 1805 eine Reise ins Ausland, die 4*/2 Jahre dauerte,
ihn mit den grossen Geistern seines Jahrhunderts bekannt
machte und befreundete und zum ersten vaterländischen Dichter
in beiden Landessprachen erhob.