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1. Das Vaterland - S. 508

1854 - Altona : Lehmkuhl
508 „Wenn Ihr der Herr des Vogels seid," sagte der Wirth zu Hinzelmeier, „so ist nach Euch gefragt worden." „Freilich bin ich das —" sagte Hinzelmeier. „Wie heißt Ihr denn?" „Ich heiße Hinzelmeier." „Ei, ei," sagte der Wirth, „Ihren Herrn Sohn, den Gemahl der schönen Frau Abel, den kenne ich recht wohl." „Das ist mein Vater," sagte Hinzelmeier verdrießlich, „und die schöne Frau Abel ist meine Mutter." Da lachten die Leute und sagten, der Herr sei außerordentlich spaßhaft. Hinzelmeier aber sah vor Zorn in einen blanken Kessel. Da starrte ihm ein gräuliches Angesicht entgegen, voll Runzeln und Hahnepfötchen, er gewahrte nun wohl, daß er abscheulich alt geworden sei. „Ach," dachte er, „weßhalb mußtest Du auch den Teufel aus der Welt schießen? Weßhalb verschließest Du den Rosengarten?" Dann erkundigte er sich bei dem Wirthe, wer nach ihm gefragt habe. „Es war nur eine arme Dirne," sagte der Wirth, „sie trug ein weißes Kleid und ging mit nackten Füßen." „Das war die Rosenjungsrau!" rief Hinzelmeier. „Ja," antwortete der Wirth, „ein Sträußermädel mag es wohl sein, sie hatte aber nur noch eine Rose in ihrem Körbchen." „Wohin ist sie gegangen?" rief Hinzelmeier. „Wenn ihr sie sprechen müßt," sagte der Wirth, „so werdet ihr sie schon in der Stadt an einer Straßenecke finden können. Als Hinzelmeier das gehört harte, schritt er eilig zum Hause hinaus und in die Stadt hinein; Krahirius, die Brille auf dem Schnabel, flog krächzend hinter her. Es ging aus einer Straße in die andere, und an allen Ecksteinen standen Blumenmädchen und boten ihre Sträuße seil; aber sie trugen plumpe Schnallenschuhe und einen Friesrock; das waren keine Rosenjungsrauen. Hinzelmeier war schon fast an das andere Ende der Stadt gekommen, da sah er vor einem niedrigen Hanse einen Hausen rothwangiger Kinder aus der Schwelle kauern; zwischen ihnen saß ein blasses Mädchen in weißem Kleide, mit nackten Füßen. Die Kinder betrachteten neugierig eine dunkelrothe Rose, die sie in einem Körbchen auf dem Schooße hielt. „Das ist sie!" rief Hinzelmeier; und die Abendlust trug ihm einen Strom von Duft entgegen; Krahirius aber warf den Kops zurück und schlug heftig mit den Flügeln. Die Jungfrau saß schwelgend, mit gesenktem Haupte, daß ihr die blonden Flechten in den Schooß gefallen waren. Die kleinen Mädchen legten zärtlich den Kops an ihren Schooß, und blickten bald nach der Blume, bald zu ihr hinauf. „Wo ist die Rose gewachjen?" fragte Hinzelmeier, indem er näher trat.
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