1867 -
Altona
: Hammerich
- Autor: Harder, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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Als Jäger muß er wissen, daß er nicht das ganze Jahr hindurch das
Wild schießen darf, denn im Frühjahr und Sommer, wo das Wild sich
vermehrt, d. i. Junge wirft und groß zieht, ist es nicht jagdbar. Die
Jagdzeit auf Hochwild dauert vom Juli und die vom niedern Wild vom
September bis in den März hinein.
Er bedarf allerlei Iagdgeräth, B. Gewehre nebst Pulver, Kugeln
und Schrot, Jagdmesser, Jagdtasche u. s. w.
Seine Gewehre sind entweder Büchsen, mit denen er meist Kugeln
schießt, oder Flinten, aus denen er grobe und seine Schrot- oder Hagel-
körner schießt. Die größten seiner Messer sind der Hirsch- und Saufanger
mit denen er angeschossene Hirsche und Schweine tödtet.
Vor der Erfindung des Schießpulvers und der Verollkommnung der
Gewehre, waren Pfeil und Bogen, Armbrust, Jagdspieß und Schwerter
die Jagdgeräthe.
In der Regel nimmt der Jäger Hunde mit auf die Jagd, welche be-
sonders dazu eingeübt und dressirt sind. Der Spürhund entdeckt vermittels
seines scharfen Geruches die Spur oder Fährte des Wildes, leitet die übrigen
Jagdhunde und den Jäger daraus und verfolgt die Spur. Der Windhund
nützt dem Jäger durch seine Schnelligkeit, der Wolfs- und Sauhund durch
seine Stärke. Der kleine Dachshund beißt Füchse und Dachse aus ihrem
unterirdischen Bau heraus; der Hühnerhund sucht die Hühncrvölker in Korn-
und Kartoffelfeldern auf und apportirt das Geschossene. Ein guter Jagdhund
muß auch das Wasser nicht scheuen. Zuweilen jagt der Jäger auch zu Pferde,
namentlich Füchse, Hirsche und Rehe. Zur Vögeljagd, besonders auf Reiher,
bedient er sich statt der Hunde der Falken, die ebenfalls abgerichtet werden.
(Beize.)
Der Jäger, der sich aus Liebe zum Walde in der Regel auch in die
Farbe des Waldes kleidet, hat in seinem Gewerbe viele eigenthümliche Jä-
gerausdrücke. Er selbst nennt sich Waidmann und betreibt das Waidwcrk.
Er jagt nicht, sondern pürscht oder pirscht. Das Blut eines Thieres nennt
er Schweiß, die Füße bald Läufe, bald Sprünge, die Ohren Löffel, den
Schwanz Blume oder Federlein, Vogelfüße Tarsen u. s. w.
Der erfahrene Jäger kennt die Gewohnheiten und Eigenthümlichkeiten der
Thiere sehr genau und dieses kömmt ihm sehr zu Statten, wenn er auf die
Jagd geht. Er weiß z. B., wann das Hochwild des Morgens zur Aesung
geht oder wann es die Quellen besucht, und findet sich, falls er einen Hirsch
schießen will, schon vorher an einer passenden Stelle ein, um zu lauern.
Er steht auf dem Anstand. Kömmt das Wild, so liegt die Büchse schon
au der Backe und die schnelle Kugel eilt gegen den Wind dem Thiere, wel-
ches erwählt ist, zu und trifft es an einer Stelle, daß es schmerzlos stirbt
oder, wie der Jäger sagt, verendet. Schnell wird es aufgebrochen, und nach-
dem das Gescheide herausgenommen, in den kühlen Keller gebracht. Am
liebsten schießt der Jäger die Thiere hinter dem Schulterblatt in's Herz oder
in den Kopf.
Eine andere Art zu jagen besteht darin, daß der Jäger mit seinem
Hunde in Feld und Wald umhersucht, ob ihm nicht ein Wild zu Schliß
kömmt; diese Jagd heißt die Suche, oder der Pürschgang, je nachdem es
auf hohes oder niederes Wild abgesehen ist.
Lticht immer geht der Jäger so allein auf die Jagd; oft vereinigen sich
ganze Gesellschaften, um eine allgemeine Jagd abzuhalten. Dann wird ein
großes Revier im Walde mit Schützen umstellt; jeder Jäger bekömmt seinen