1865 -
Göttingen
: Deuerlich
- Autor: Jastram, Heinrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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Staaten waren zur Zeit Christi schon von dem gewaltigen Nömerreiche
verschlungen. — Waren nun auch die Leute in Griechenland reich be-
gabt von Gott und hatten es auch viele in weltlicher Weisheit und Kunst
hoch gebracht, so erkannten sie doch Gott so wenig, wie die andern Hei-
den, und hatten allerlei Götzen, Tempel und Altäre aufgerichtet, und
diesem Dienste lief das leichtfertige Volk sinnlos nach. Da drang das
Christenthum auch in Griechenland siegreich vor, und namentlich war es
der Apostel Paulus, der auf seinen Misstonsreisen hier blühende Gemci-
den stiftete (zu Philippi, Thessalonich, Bervä, Athen und Korinth). —
Wie nun später Konstantin seine Resivenz nach Griechenland verlegte,
wie sodann lange Jahre hindurch hier das griechische Kaiserthum bestand
und wie dies endlich 1453 von den Türken gestürzt wurde, das ist schon
bei Italien erzählt. Lange schon hat das Land unter der rohen Gewalt
der Türken geseufzt. Diese haben auch oft genug die Christenheit in
Schrecken gesetzt und wurden das auch heute noch thun, wenn sie nur
könnten. Damals beteten unsre Väter: „Erhalt uns, Herr, bei deinem
Wort, und steur des Papsts und Türken Mord." Nur der südliche
Theil der griechischen Halbinsel hat sich um das Jahr 1830 von dem
schändlichen Regimente losgerissen und bildet das Königreich Griechen-
land; eö ist so groß wie das Königreich Hannover. — So sind also
jetzt auf dieser Halbinsel zwei Reiche:
1. Die europäische Türkei, d. i. der Theil des alten Griechenlands,
welcher noch in der Hand der Türken isi und unter ihrer Willkür lei-
det. Die Türkei umfaßt 9,700 Meilen mit etwa 16 Mill. Einw., von
denen sich etwa der vierte Theil zur muhamcdanischen Religion bekennt.
Die Türken, vom Großsultan despotisch (willkürlich) beherrscht, sind ernst
und gesetzt, aber auch rachsüchtig, unduldsam, Ruhe und Bequemlichkeit
liebend. Ackerbau, Handel und Gewerbe sind vernachlässigt. Die übrigen
Bewohner sind Griechen, Armenier, Juden rc. Konstantinopel ist die
Hauptstadt und wird vou den Türken Stambul genannt (früher By-
zanz). Sie hat enge schmutzige Straße», und meist hölzerne Häuser;
ihre Lage aber, am Meere, nur eine Stunde von der Küste Asiens ent-
fernt, ist sehr schön. Das merkwürdigste Gebäude ist die Sophienkirche,
welche Christo zu Ehren erbaut wurde; sie ist ein türkisches Bethaus
geworden (eine Moschee) und wartet, daß anstatt des Halbmondes auf
ihrer Kuppel das Kreuz wieder aufgerichtet werde. Thessalonich oder
Salon ich i, Seestadt. Insel Candia (Creta).
Serbien (Hptstdt. Belgrad), Walachei (Bucharest), Moldau
(Jassy) haben eigene Fürsten, die aber unter türkischer Hoheit stehen.
2. Griechenland, dessen Bewohner sich zur griechisch-katholischen
Religion bekennen. Die Hauptstadt ist Athen. Sie liegt in einer
weiten Ebene, ein Theil von ihr auf und zwischen Hügeln. Sie mochte
in der blühendsten Zeit wohl an 150000 Einwohner haben und war
eine blühende und glänzende Stadt, läßt aber diese entschwundene Größe
kaum noch erkennen. Korinth auf einer schmalen Landenge zwischen
zwei Meerbusen eignet sich recht zum Handel und war früher sehr reich.
Jetzt ist sie durch Erdbeben fast ganz zerstört; sie handelt mit getrock-