1865 -
Göttingen
: Deuerlich
- Autor: Jastram, Heinrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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heilig gehalten; die Kinder wurden von früh auf von den Müttern zum
Gebet angehalten und fleißig von den Lehrern tut Worte Gottes unter-
richtet. Als Glieder Christi enthielten sich die Christen von den heidni-
schen Sünden und führten ein eingezogenes Leben. Ein Kirchenlehrer
schreibt: „Wir, die wir einst der Wollust dienten, streben jetzt nach
Sittenreinheit; die wir einst Geldgewinn mehr alles liebten, theilen jetzt
auch das, was wir besitzen, mit allen und geben jedem Dürftigen; die
wir einst einander haßten und mordeten, lieben uns einander und beten
für unsre Feinde..— .Die Christen leben im Fleisch, aber nicht nach
dem Fleisch; sie wohnen auf Erden und leben im Himmel; sie werden
von allen verkannt, verfolgt und verdammt, aber sie lieben alle; sie sind
arm und machen viele reich; sie haben an allem Mangel und an allem
Uebcrfluß; sie werden beschimpft und segnen. Mit einem Wort: was in
dem Leibe die Seele ist, das sind in der Welt die Christen." — Ihr
ganzes Leben stellten sie sich als einen heiligen Kampf vor. Gebet und
Fürbitte begleiteten all ihr Thun. Das Fasten wurde als eine seine
Zucht empfohlen. — Freilich fehlte es schon gleich anfangs nicht an
dem Unkraute unter dem Weizen, wie davon die Apostelgeschichte erzählt.
Die Fehlenden aber wurden liebevoll ermahnt, grobe Sünder auf eine
Zeit lang vom Genuß des heiligen Abendmahls ausgeschlossen, und
solche, die fortdauernd im Unglauben und in Sünden beharrten, ganz
von der Gemeinde ausgeschlossen. — Wo die Gläubigen etwas Wichti-
ges im Leben vor hatten, mußte auch Christus immer mit dabei sein.
Die Brautleute nahmen an ihrem Hochzeitstage mit der Gemeinde das
heilige Abendmahl. Ihre Häuser und Geräthe schmückten sie gern mit
christlichen Sinnbildern; als solche gebrallchten sie den Hirten mit einem
Lamme auf der Schulter, die Taube, den Anker, die Laute, ein gen Him-
mel segelndes Schiff, und vor allen das Zeichen deö heiligen Kreuzes,
welches sie beim Aufstehen an dit Stirn z»l machen pflegten, um Wachen
und Schlafen, Arbeit und Ruhe dadurch zu weihen. — Als sic in spä-
tern Zeiten Kirchen bauen durften, begruben sie ihre Todten rings um
die Kirche her und wurden selbst allda begraben; denn sie wollten zu allen
Zeiten so nahe als möglich bei dem Heiligthum ihres Herrn sein und hoff-
ten am Tage seiner Zukunft, wenn die Posaune zum Auferstehen werde durch
die Gräber schallen, zu ewiger Freude vor ihrem Herrn zu erwachen.
9. Widersacher der Christen waren anfangs nur die Juden;
bald wurden es auch die Heiden. Der Kaiser Nero hatte Nom anzünden
lassen, um eine Feucrsbrunst betrachten und um seine Hauptstadt verschö-
neril zu können. Um die Schuld von dem Tyrannen zu wälzen, wurden
die Christen als Urheber bezeichnet und die Wuth des Pöbels brach gegen
sie los. Auch spätere Kaiser verfolgten die Christen als staatsgefährliche
Menschen, hartnäckige Schwärmer, Gottesleugner. Man folterte, verstüm-
melte, enthauptete, ersäufte, verbrannte, zersägte, erdrosselte sie; man warf
sie den wilden Thieren vor, man ließ sie zu Tode hungern oder verhängte
andere Qualen über sie. Die Christen, welche mit ihrem Blute ihren
Glauben besiegelten, hießen Märtyrer, Zeugen für die Wahrheit. Man
zählt zehn größere Christenverfolgungen.