1836 -
Leipzig
: Wigand
- Autor: ,
- Hrsg.: Schwabe, Karl Ludwig, Jürn, Alexander Bernhard
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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standen die Römer unter Königen. Nach Vertreibung des
letzten derselben, der sich durch Stolz und Uebermuth verhaßt
gemacht hatte, wurde Rom eine Republik, an deren Spitze
zwei Consuln standen. Ungeachtet der innern Kämpfe, welche
sich bald nach Errichtung der Republik zwischen den Vorneh-
men und dem niedern Volke erhoben und die mehrere Jahr-
hunderte fast ununterbrochen dauerten, ward es doch durch den
Heldengeist seiner Bewohner und durch die musterhafte Einrich-
tung seiner Heere in einem Zeitraume von 300 Jahren Herr
von ganz Italien und den dazu gehörigen Inseln. Jetzt sing
cs an, auch seine Herrschaft über fremde Lander auszudehnen,
und schon 30 Jahre v. Chr. war es zum größten und mäch-
tigsten Staate angewachsen, den die Weltgeschichte kennt; alle
civilisirte Völker der Erde (i20 Millionen Menschen) gehorchten
seinen Gesetzen; ganz Europa, so weit es bekannt war, Deutsch-
land ausgenommen, das ganze bekannte Wika und Asien bis
an den Euphrat waren die Theile des ungeheuren Römerreichs.
Durch Tapferkeit, einfache Lebensweise, strenge Enthaltsamkeit
und Vaterlandsliebe waren die Römer groß geworden. Der
Verfall dieser Tugenden führte auch den Sturz ihrer Größe
herbei. Ihre Eroberungen hatten sie nicht nur reich, sondern
auch desto begieriger nach Reichthum gemacht. Nach und nach
singen sie an, sich zu verweichlichen. Dazu kamen Ehrgeiz und
Herrschsucht der Großen und Neid und Trägheit der Niedrigen
im Volke. Die Republik verfiel und Auguftus ward, nach-
dem schon vor ihm Casar die Alleinherrschaft an sich gerissen
hatte, 30 I. v. Chr. der erste römische Kaiser. Eine Zeit
lang behielt das römische Reich noch seinen ungeheuren Umfang,
ja vom Kaiser Trajan ward er noch erweitert, nach und nach
aber drangen die Deutschen und die Gothen immer tiefer
ein; ein Land nach dem andern ging verloren, bis endlich im
Jahre 476 nach Christi Geburt unter dem Kaiser Romulus
Augustulus von dem König Odoacer Rom selbst erobert
und das weströmische Reich aufgelöst ward. Das oströmische
hingegen, wovon Konstantinopel die Hauptstadt war, dauerte
noch fort bis in's fünfzehnte Jahrhundert. — Für uns sind
die Römer hauptsächlich auch deswegen merkwürdig, weil wir
und beinahe alle europäische Völker von ihnen größtentheils un-
sre Einrichtungen und Gesetze empfangen haben, und weil noch
heut zu Tage ihre Sprache die Gelehrtensprache ziemlich auf
der ganzen Erde ist. Auch rührt der sogenannte alte oder
Julianische Kalender, welcher erst im I7ten Jahrhundert
verbessert ward, von ihnen her.