1836 -
Leipzig
: Wigand
- Autor: ,
- Hrsg.: Schwabe, Karl Ludwig, Jürn, Alexander Bernhard
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
V i etter Abschnitt.
Erzählungen aus der Menschen- und Völ-
kergeschichte.
1. Kodrus stirbt für sein Vaterland.
Unter den vielen Freistaaten Griechenlands zeichneten sich
von den frühesten Zeiten her Athen in Attika, und Sparta
auf der Halbinsel Morea aus. Beide Städte machten ein-
ander lange den Rang streitig, beide hatten ihre ausgezeichne-
ten Vorzüge. Denn wenn auch die Bewohner von Sparta
sich durch ihre Tapferkeit hervor thaten, so standen auch die
Athener ihnen wenig an kriegerischem Muthe nach, und über-
trafen sie weit in den Künsten des Friedens. Auch diese bei-
den Staaten hatten anfangs, wie fast alle übrigen Städte,
ihre eigenen Könige; aber schon sehr frühzeitig, fast 1100 Jahre
vor Ehr.. Geb., als die Israeliten erst ansingen, einen König
zu begehren, verwandelte sich das kleine Königreich von Attika
in einen Freistaat, worin die höchsten obrigkeitlichen Personen
alljährlich vom Volke erwählt wurden. Die Veranlassung dazu
gab die Selbstaufopferung des Königs Kodrus.
Unter der Regierung des Kodrus siel nämlich ein Schwarm her-
umstreifender Griechen, die sich Nachkommen des Herkules nann-
ten, und schon die ganze Halbinsel (Morea) erobert hatten,
auch in das Gebiet von. Attika ein, und belagerten Athen.
Nach mehrern blutigen Gefechten verbreitete sich die Sage, daß
diejenige Parthei siegen werde, deren König von der andern er-
mordet würde. Man hielt dieß für einen Götterausspruch,
und sowohl die Athener als ihre Feinde glaubten daran. Ko-
drus, dem das Wohl seiner Unterthanen theurer als sein Le-
den war, faßte sogleich den großherzigen Entschluß, sich für das
Vaterland freiwillig aufzuopfern. Ungeachtet der Bitten und
Tränen der Seinigen verließ er am frühen Morgen Athen
und begab sich unter der Verkleidung eines Holzhauers in's
feindliche Lager. Hier wurde er von den Wachen angehalten,