1843 -
Darmstadt
: Jonghaus
- Autor: Fischer, Johann Georg
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: ABC_Lesen, Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
48
Orte Hersfeld mehrere Widersetzlichkeiten ausgeübt, und
unter andern ein französischer Offizier getödtet. Das konnte
der französische Kaiser nicht geschehen lassen, daß, während
er mit einem zahlreichen Feind in Angesicht kämpfte, auch
hinter ihm Feindseligkeiten ausbrachen und ein kleiner Funke
sich zu einer großen Feuersbrunst entzündete. Die armen
Einwohner von Hersfeld bekamen daher bald Ursache ihre
unüberlegte Kühnheit zu bereuen. Denn der französische
Kaiser befahl, die Stadt Hersfeld zu plündern und als-
dann an vier Orten anzuzünden und in Asche zu legen.
Dieses Hersfeld ist ein Ort, der viele Fabriken und daher
auch viele reiche und wohlhabende Einwohner und schönen
Gebäude hat; und ein Menschenherz kann wohl empfinden,
wie es den armen Leuten, den Vätern und Müttern, zu
Muthe war, als sie die Schrcckenspost vernahmen; und
der Arme, dem sein Hab und Gut auf einmal auf dem
Arm konnte weggetragen werden, war setzt so übel daran,
als der Reiche, dem man es auf vielen Wagen nicht weg-
führen konnte, und in der Asche sind die großen Häuser
auf dem Platz und die kleinen in den Winkeln auch so
gleich, als die reichen Leute und die armen Leute auf dem
Kirchhofe. Nun zum Schlimmsten kam es nicht. Auf Für-
bitte der französischen Commandanten in Cassel und Hers-
feld wurde die Strafe so gemildert: Es sollten zwar nur
vier Häuser verbrannt werden, und dieß war glimpflich;
aber bei der Plünderung sollte es bleiben, und das war
noch hart genug. Die unglücklichen Einwohner waren
auch, als sie diesen letzten Bescheid hörten, so erschrocken,
so alles Muthes und aller Besinnung beraubt, daß sie der
menschenfreundliche Commandant selber vermahnen mußte,
statt des vergeblichen Klagend und Bittens die kurze Frist
zu benutzen und ihr Bestes noch geschwind auf die Seite
zu schaffen. Die fürchterliche Stunde schlug; die Trommel
wirbelte ins Klaggeschrei der Unglücklichen. Durch das
Getümmel der Flüchtenden und Fliehenden und Verzwei-
felnden eilten die Soldaten auf ihren Sammelplatz.
Da trat der brave Commandant von Hersfeld vor die
Reihen seiner Jäger, stellte ihnen zuerst das traurige Schick-
sal der Einwohner lebhaft vor Augen und sagte hierauf:
,/Soldaten! die Erlaubniß zu plündern fängt jetzt an.
Wer dazu Lust hat, der trete heraus aus dem Glied!"