1843 -
Darmstadt
: Jonghaus
- Autor: Fischer, Johann Georg
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: ABC_Lesen, Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
231
noß hierauf mit seinen Spartanern die letzte Abendmahl-
zeit, wobei sie traurig einander die Hände reichten und
sich dem Tod fürs Vaterland weihten. Noch bei Ster-
nenschimmer brachen sie mit Löwenwuth durch den Hohl-
weg in das feindliche Lager ein, und nachdem sie Wun-
der der Tapferkeit gethan, zogen sie sich wieder in bester
Ordnung in das Thal zurück. Jetzt aber von allen Sei-
ten angegriffen, mußten sie endlich der Uebermacht unter-
liegen. Einer der Letzten, welche fielen, war Lconidas.
Alle, bis auf (Linen, blieben auf der Wahlstatt, und die-
ser Einzige ward, als er nach Sparta kam, mit allge-
meiner Verachtung bestraft; während das Volk und die
Angehörigen der Gefallenen jubelten, legte sein Weib
Trauerkleider an, und seine Mutter wagte aus Schaam
über die Feigheit ihres Sohnes, nicht mehr, aus ihrem
Hause zu gehen. Serres drang nun zwar nach der Nie-
derlage des Leonidas vor, wurde aber dort von demselben
Heldengeiste, welcher diesen beseelte, empfangen, und mußte
am Ende auf einem ärmlichen Fischerkahn fast allein über
dieselbe Meerenge flüchten, über welche er im stolzen
Selbstgefühle seiner Macht ein Jahr zuvor eine Schiffbrücke
zum Uebergange für seine Hunderttausende geschlagen hatte.
198. Sokrates trinkt den Giftbecher.
Es scheint in dem Plane der göttlichen Aveltregierung
zu liegen, dass von Zeit zu Zeit weise und fromme Men-
schen auftreten müssen, welche besonders in die Augen fal-
lende widrige Schicksale und eine unwürdige und ungerechte
Behandlung von ihren Feinden erfahren, um nicht nur durch
ihr vorwurffreies und tugendhaftes Leben, sondern auch durch
ihre Seelengrösse und ihren standhaften Muth in Ertragung
des Unglücks ein nachahmenswerthes Beispiel zu geben, und
zu zeigen, welcher Erhabenheit die menschliche Natur fällig
sei. Unter allen gebildeten Völkern hat es solche Menschen
gegeben. Einen ganz vorzügliche« Platz nimmt Sokrates ein.
Sokrates war der Sohn eines Bildhauers zu Athen, und trieb
Anfangs das Gewerbe seines Vaters mit ausgezeichneter Ge-
schicklichkeit. Ein reicher und vornehmer Mann, der einst
seine Werkstatt besuchte, erkannte seine hervorstehenden
Fähigkeiten und machte ihm den Antrag, der Erzieher seiner
Söhne zu werden. Von nun an begann er, sich ganz dem
Berufe der Bildung hoffnungsvoller Jünglinge zu widmen,
doch machte er die Wissenschaft nicht zu einem Gewerbe,