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1. Lesestücke für die beiden oberen Abtheilungen der Volksschulen - S. 232

1843 - Darmstadt : Jonghaus
232 liess sich nicht für den Unterricht bezahlen, band sich nicht bei seinen Belehrungen an Ort und Stunde, sondern bei je- der schicklichen Gelegenheit, auf öffentlichen Spaziergängen, in den "Werkstätten der Künstler und Handwerker und bei den Volksversammlungen auf dein Markte liess er sich mit denen, die eines bessern Unterrichts fähig waren, in lehr- reiche Unterredungen ein, und gab sich nie das Ansehen eines Lehrers, vielmehr gestand er freimüthig, dass er selbst nichts wisse, sondern im Suchen der Weisheit begriffen sei. Beson- ders gab er sich Mühe den Keim der Sittlichkeit und Tugend in jungen unverdorbenen Gemüthern zu pflegen, worin er ihnen selbst als musterhaftes Beispiel voranging. In hohem Grade massig, enthaltsam und uneigennützig, verband er mit diesen Tugenden ausserordentliche Milde des Charakters Unerschrockenheit und unbestechliche Wahrheitsliebe. Dabei entzog er sich keiner Pflicht, die ihm als Bürger des Vater- landes oblag. Zu Anfange des peloponnesischen Krieges, welchen Athen 27 Jahre lang mit Sparta um die Oberherr- schaft in Griechenland führte, und der mit der völligen Un- terwerfung Athens endigte, focht er als gemeiner Soldat mit grosser Tapferkeit, und rettete mit eigener Lebensgefahr mehreren seiner jüngern Freunde das Leben. Ohne sich zu ' bürgerlichen Ehrenstellen zu drängen, verwaltete er doch der Reihe nach verschiedene obrigkeitliche Aemter, und ward selbst zur Würde eines Archonten, der höchsten im Staate, erhoben Auch hier blieb er seinen Grundsätzen treu, und widersetzte sich mit aller Stärke uneigennütziger Tu- gend jedem Beschlusse, der gegen Recht und Billigkeit war. Die Unfälle seines Vaterlands ertrug er, wenn auch mit tiefem Schmerze, doch mit dem standhaften Muthe, welchen die Weisheit ihren Verehrern einflösst. Dennoch blieb er von den Verfolgungen des > ei des und der Missgunst .nicht frei, und musste ihnen am Ende unterliegen. Schon lange zuvor hatte ein Dichter eine Komödie auf ihn verfertigt, wo- rin er ihn als Verführer der Jugend darstellte, und ihn dem Spotte und Gelächter der Menge Preis gab: durch den Glfich- muth des Sokrates, welcher bei ihrer Aufführung selbs. ge- genwärtig war, und sogar, damit ihn Jedermann sehen könne, einen erhöhten Platz einnahm, blieb sie jedoch ohne die ge- hoffte Wirkung. Selbst als Athen nach seiner Unterjochung durch die Spartaner unter der Schreckensregierung der so- genannten dreissig Tyrannen blutete, und viele der edelsten Männer unter dem nichtswürdigsten Vorwände zum Tode geführt wurden, wagte man es nicht, an den vom Volk hoch- verehrten edlen Greis die Hände zu legen. Endlich gelang es seinen Feinden aber doch, eine Anklage gegen ihn bei dem obersten Gerichte anzubringen, deren Hauptinhalt darin bestand, dass Sokrates die Jugend verführe und die Staats- religion durch Einfühnidg neuer Gottheiten verderbe, und
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