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1. Lesestücke für die beiden oberen Abtheilungen der Volksschulen - S. 235

1843 - Darmstadt : Jonghaus
235 zeichen erwarb. Bei der Eroberung von Korioli, einer festen Stadt der mächtigen Volksker, that er sich so sehr hervor, daß ihm der Ehren- name Koriolan, den er seitdem beständig führte, beigelegt ward. Was ihn aber noch mehr, als seine kriegerischen Thaten auszeichnete, war seine kindliche Liebe und Verehrung gegen seine Mutter Betuna. Von früher Kindheit an war es sein Bestreben gewesen, ihren Beifall zu gewinnen, und jede Auszeichnung, die ihm späterhin zu Theil wurde, war vorzüglich auch deßhalb seinem edlen Herzen so werth, weil erste auf dem Altare der kindlichen Liebe niederlegen und dadurch den Lebens- abend der theuren Mutter verschönern konnte. Wie viel sie aber über ihn vermochte', das sollte sich bald auf recht auffallende Weise zeigen. Wiewohl Äorivlans Verdienste allgemein anerkannt waren, so be- saß er doch nicht die Liebe des Volkes. Sein Stolz, seine gering- schätzige Behandlung der Niedrigen im Volke, sein starres Festhalien an ererbten Vorzügen entfremdeten ihm die Herzen. Als er daher zum Cónsul, worauf Niemand gerechter» Anspruch zu haben glaubte, als er, erwählt werden sollte, widersetzten sich die Bolkstribuncn und hintertrieben die Wahl. Dadurch erbittert, sprach er in der Senats- versammlung bei Gelegenheit einer Getreidevcrtheilung unter das Volk ganz unverhohlen und in derbsten Ausdrücken seine Abneigung gegen das wachsende Ansehen der Bolkstribuncn aus. Von diesen ward er deßhalb zur Verantwortung gezogen und durch einen Volks- beschlnß auf ewige Zeit aus dein Vaterlande verbannt. Racheglühend verließ er Rom und wandte sich zu den Volskern, den mächtigsten und erbittertsten Feinden der Römer. Hier wurde er als ein so er- fahrner Feldherr, dessen Tapferkeit sie selbst bei so vielen Gelegenhei- ten empfunden hatten, mit offenen Armen aufgenommen. Seiner Uebcrredungökunst gelang es leicht, ihren gesunkenen Muth anzufeuern, und sie zur Unternehmung eines neuen Krieges gegen die Römer, der unter den damaligen Umständen den glücklichsten Erfolg versprach, zu bewegen. Ueber eine Heeresabtheilung, die größtentheils aus Frei- willigen bestand, und die sich bet jedem Schritte vorwärts vergrößerte, ward ihm der Oberbefehl anvertraut. Unaufhaltsam drang nun Ko- riolan vor, die wichtigsten Städte und Plätze waren bald in seiner Gewalt, und nicht lange, so stand er im Angesichte Roms. Je mehr er sich Rom näherte, desto mehr nahm in der Stadt Schrecken und Berwirruug zu; unfähig, einen Entschluß zu ihrer Vertheidigung zu fassen, brachte das Volk und dessen Häupter die Zeit mit vergeblichen Vorschlägen und unnützen Vorwürfen zu, indeß das Geheul der Weiber und Kinder in den Straßen der Stadt immer ängstlicher wurde, und die Greise mit den Priestern in den Tempeln der Götter um Hülfe flehten. Zwei Gesandtschaften, welche Koriolan um Beilegung des Kriegs und um friedliche Rückkehr ins Vaterland bitten sollten, wurden fruchtlos ins Lager gesendet; die eine bestand aus den angesehensten Männern des Staats, fast lauter Verwandte und Freunde des Be- leidigten, die andere aus allen Priestern der Stadt in feierlicher Amts- kleidung unter Vortragung der Heiligthümer. Koriolan blieb, wiewohl er sie mit Anstand und Achtung empfing, unerbittlich, und machte mit
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