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1. Lesestücke für die beiden oberen Abtheilungen der Volksschulen - S. 236

1843 - Darmstadt : Jonghaus
236 aller Heereskraft die fürchterlichsten Anstalten zur Belagerung. Da entschlossen sich endlich die vornehmsten Frauen noch einen Versuch zu machen, ob das Herz ihres ehemaligen Mitbürgers unversöhnlich sei. Bei Anbruch des Tages begaben sie sich nebst der Gattin und den Kindern Koriolans, die ehrwürdige Veturia an ihrer Spitze, nach voll- brachtem Opfer unter den Segenswünschen und Thränen ihrer Mitbür- ger in das feindliche Lager. Als er von Ferne den Zug nahen sahe, faßte er den Vorsatz, auch durch weibliche Thränen sich nicht erweichen zu lassen. Doch kaum erblickte er seine theure Mutter und an ihrer Seite Gattin und Kinder, so sprang er von seinem Sitze aus, um sich in die mütterliche Armezu werfen. „Halt!" rief ihm aber diese mit ausgestreckter Hand und mit ernstem, majestätischem Blicke entgegen, ,-bevor ich dich umarme, muß ich wissen, ob ich zu meinem Sohne oder zu einem Feinde gekommen, ob ich als deine Mutter oder als Gefan- gene im Lager bin! Mußte ich darum solange leben, um in dir erst einen Verbannten, und nun einen Feind des Vaterlands zu sehen, des Vaterlands, das dich geboren, ernährt und groß gezogen hat? O, wäre ich nie Mutter geworden! Rom wäre jetzt nicht belagert; ich wäre frei im freien Vaterland gestorben! Doch ich werde mein Elend und meine Schande bald überlebt haben; aber diese hier (aus sein Weib und seine Kinder zeigend), o denke, wenn du deiner Rachsucht noch länger Gehör gibst, daß ein früher Tod oder lange Knechtschaft ihr Loos ist!" — Jetzt warfen sich Gattin und Kinder zu seinen Füßen, jetzt die ganze Schaar der Weiber, deren weinende Augen theils uuf ihn und theils gen Himmel gerichtet waren. Diesem Anblick konnte er nicht widerstehen; mit lautem Weinen warf er sich der Mutter in die Arme und rief mit einem Tone, der alle Anwesende tief erschütterte: „O meine theure, theure Mutter! Rom hast du gerettet; aber ich bin verloren!" — Augenblicklich gab er Befehl, das Lager abzubre- chen, nahm auf immer Abschied von den Seinigen, zog sich in ver- borgener Stille zurück und beschloß, von den Volskern gehaßt und verfolgt, in der Blüthe seiner Zahre seine Lebenstage. 200. Treue gegen die Fe lüde. Wie edel und erhaben der Charakter der Römer zur Zeit ihrer schönsten Blüthe war, davon gibt auch Regulus ein treffliches Beispiel, indem er nicht allein seinen Freun- den, sondern auch seinen Feinden, selbst mit Aufopferung seines Lebens, Wort und Treue halten zu müssen glaubte. Die Römer waren mit den Karthaginensern in den ersten punischen Krieg verwickelt. Die letztern waren noch übermächtig zur See; wenn auch eine ihrer Flotten von den Römern geschlagen oder genommen worden war, so besaßen sie doch viele Reichthümer und Hülfsmittel aller Art, daß sie bald eine noch größere wieder herzustellen
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