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1. Theil 2 - S. 2

1864 - Mainz : Kirchheim
2 2. Die Größe des Herrn ist unaussprechlich. (Fragment aus einer Rede ) Die Größe des Herrn ist unaussprechlich, das heißt erstlich: sie ist für uns Menschen mehr Empfindung, als Gedanke; wir können sie ahnen, aber nicht begreifen; wir können sie lebhaft genug fühlen, aber weder mit unserem Verstände fassen, noch durch unsere Sprache Andern mittheilen. Du blickst an einem heiteren und unbewölkten Winterabende zum gestirnten Himmel hin- auf; du siehst ihn mit tausend und abermals tausend Lichtern übersäet; du stellst dir vor, daß es so viele tausend leuchtende Sonnen sind, deren jede so, wie die unsrige, von ihren Planeten umgeben ist; du staunst über die uner- meßliche Anzahl dieser Welten, welche an Größe unsern Erdball weit über- treffen. Du versuchst es nun, auf die Größe des Schöpfers, auf die Majestät Gottes daraus zu schließen und dich zum Anschauen seiner unendlichen Macht und Weisheit zu erheben; aber deinem Geiste schwindelt; deine Denkkrast ermüdet; deine Vorstellungen verwirren sich; die Erhabenheit des Gegenstan- des überwältigt deine Begriffe; du verstummst, siehst deine Schranken und siehst dich in dem hohen Fluge, welchen du genommen hast, plötzlich gehemmt. — Die Größe des Herrn ist unaussprechlich! — Du bewunderst an einem schönen Frühlings- oder Sommermorgen die prachtvollen Reize der Schöpfung, den Schmuck und Reickthum einer gesegneten, malerischen Gegend; dein Auge ruht abwechselnd auf herrlichen Fruchtgefilden, auf köstlichen Auen, auf anmuthigen Hügeln, auf lachenden Thälern, auf dem sanft fortgleitendcn Flusse, auf dem fernen, sich in Dunkelheit verlierenden Walve. Du bist be- wegt, gerührt, zum ernsten Nachdenken und zur feierlichen Andacht gestimmt; du steigst vom Sichtbaren zum Unsichtbaren, vom Geschöpfe zum Schöpfer empor und willst ihn in dieser geweihten Stille, in diesem seinem Heiligthume als den, der er ist und seinen Werken nach sein muß, in seiner ganzen, un- verhüllten Herrlichkeit sehen: aber das Helldunkel, welches dich da umgibt, verwandelt sich bald in Nacht. Du näherst dich desto mehr der Erde, je weiter du dich von ihr zu entfernen glaubst; du begreifst ihn desto weniger, je länger du über ihn nachsinnst, und kehrst, an deine Schwäche erinnert, in dich selbst zurück: du hast die Größe Gottes empfunden, aber nicht erforscht; das Gefühl, welches dich in diesen Augenblicken durchströmte, war ein hohes und seliges Gefühl, aber es kann' nicht Begriff, nicht Sprache bei dir wer- den. Die Güte des Herrn ist unaussprechlich! 3. Periode aus Göthe's Schriften. Wenn das liebe Thal um mich dampft, und die hohe Sonne an der Oberfläche der undurchdringlichen Finsterniß meines Waldes ruht, und nur einzelne Strahlen sich in das innere Heiligthum stehlen; wann ich dann im hohen Grase am fallenden Bache liege, und näher an der Erde tausend man-
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