1864 -
Mainz
: Kirchheim
- Autor: Kieffer, Franz Xaver
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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Altar, die Kanzel, die Wände, das Gewölbe sind in und aus Salzstein ge-
hauen. Mitten durch die große Ebene des Salzwerkes geht die Heerstraße, auf
welcher die mit Salz beladenen Wagen einherfahren, um das Salz aus den
entserntern Gegenden bis an den Ort zu bringen, wo es in die Höhe gewun-
den wird. Die Straße wird nie leer, und selbst die Ladung der Fuhrleute, die
immer guter Dinge sind und, bei ihren Wagen einhergehend, jauchzen und
singen, gewährt einen prächtigen Anblick; denn sie blitzt, wie Kristall und
Edelgestein. Die Zahl der Pferde, die hier gehalten wird, beläuft sich auf
mehrere Hundert, die nur alle 8 — 14 Tage das Tageslicht wieder sehen.
Gewöhnlich werden diese Thiere von dem Strahlenschimmer der-überall blin-
kenden Lichter in kurzer Zeit so geblendet, daß sie das Gesicht verlieren. Man
kann sie aber dessenungeachtet eben so gut brauchen, als wenn sie noch den
Gebrauch ihrer Augen hätten. Was man von einem Bache mit süßem Wasser
erzählt, ist Fabel. Das wenige Wasser im Bergwerke ist salzig. Es sammelt
sich in einem Becken, über welches ein Seil gespannt ist und eine Fähre geht.
Neben diesem Bassin (Becken) ist ein aus Holz errichteter Saal, in welchem
beim Bergfeste getanzt wird.
Die Werkzeuge der Bergleute bestehen aus Hacken, Hämmern und Mei-
ßeln. Durch Hülfe derselben werden die Salzmassen in der Form ungeheurer
Cylinder ausgegraben und losgerissen. Noch größere Stücke sprengt man auch
mit Schießpulver los, welches ein furchtbares Getöse, gleich dem Rollen des
Donners, erregt. Beim Losschlagen eines so großen Stückes lassen sich Pauken
und Trompeten hören. Die größern Massen werden in kleinere Stücke ge-
schlagen, und des bequemen Fortschaffens wegen gibt man ihnen mit dem
Meißel die Form einer Tonne. Sind diese Tonnen oben angelangt, so zer-
schlägt man sie in noch kleinere Stücke und mahlt diese in eigens dazu einge-
richteten Mühlen zu Pulver. Aus den härtesten und schönsten Stücken macht
man sogar allerlei künstliche Geräthschaften und Spielwerke, die als Selten-
heiten weit und breit verkauft werden.
38. Das Mineralreich.
Schon Jahrtausende sprossen, aus den Erd arten die Pflanzen zur
Nahrung für Menschen und Thiere; schon Jahrtausende holt der
Mensch aus dem Schoße der Erde die Steine und Metalle, die Waffen
und Rüstungen zum Kriege, wie die Marmorblöcke und Sandsteine
zu Denkmälern des Friedens — das Salz zum Würzen der Speisen — und
die brennbaren Mineralien zum Schmelzen der Erze. Schon Jahr-
tausende steigt der Mensch in die Fluthen des Meeres und gräbt sich in die
Felsen der Erde, um die verborgenen Schätze an das Licht des Tages zu
fördern. Dampfmaschinen und Wasserräder, Wind und Feuer hat er zu Ge-
hülfen mit hinabgenommen in die Tiefe; aber so viele Jahre die unter-
irdischen Schatzkammern auch schon ausgebeutet werden, ihr Reichthum