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1. Theil 2 - S. 166

1864 - Mainz : Kirchheim
166 haben ältere und neuere Philosophen dem Waffer schaffende Kräfte und ein geheimnißvolles Wesen zuschreiben wollen; denn ich kenne Nichts, was unsere Seele so ganz unmittelbar mit sich nimmt, als der Anblick eines großen Stro- mes oder gar des Meeres; ich »peiß Nichts, was unsern Geist und unser Be- wußtsein so in sich reißt und verschlingt, wie das Schauspiel vom Sturze de» Wassers, wie des Teverone zu Tivoli oder der Anbsick des Rheinfalls. Darum ermüdet und sättigt dieser wundervolle Genuß auch nicht; denn wir sind uns, möchte ich sagen, selbst verloren gegangen; unsere Seele mit allen ihren Kräf- ten braust mit den großen Wogen eben so unermüdlich den Abgrund hinunter. Das ist es auch, daß wir vergeblich nach Worten suchen, mit Vorstellungen ringen, um aus unserer Brust die erhabene Erscheinung wieder auszutönen, und keiner Anstrengung kann dieses Bestreben jemals gelingen. Da die Sprache schon so unzugänglich ist, so sollten es sich die Künstler doch endlich abgewöh- nen, Wasserfälle malen zu wollen; denn ohne ihr sinnvolles, in tausendfachen Melodien abwechselndes Rauschen sehen auch die bessern in ihrer Stummheit noch albern ans. Dergleichen Erscheinungen, die keinen Moment des Still- stands haben und nur im ewigen Wechsel eristiren, lassen sich niemals auf der Leinwand darstellen. 3) Darum sind Teiche, Bäche, Quellen, sanfte, blaue Ströme für deir Landschafter so vortreffliche Gegenstände und dienen ihm vorzüglich, jene sanfte Sehnsucht und Rührung hervorzubringen, die wir so oft beim Anblicke des ruhigen Wassers empfinden. 4) Die Menge der lebendigen, rauschenden Brunnen gehört zu den Wun- dern Roms, und sie tragen mit dazu bei, den Aufenthalt in dieser Stadt so lieblich zu machen. Entzückt uns in freier Landschaft oder in den Gärten das Spiel des Wassers, lo ergreift uns neben Palästen und Kirchen, im Geräusche der Straßen und Märkte dieses tönende Rauschen noch seltsamer. Ich kann nicht sagen, wie in der stillen Nacht der Abreise mich diese Brunnen rührten; denn mir dünkte, daß sie alle Abschied von mir nähmen; mir ein Lebewohl nachriefen und mich an alle Herrlichkeiten dieser Hauptstadt erinnerten. Ich begriff in dieser Stunde nicht, wie ich mich vorher oft so innig nach Deutsch- land hatte sehnen können; denn schon bevor ich aus dem Thore gefahren war, sehnte ich mich herzlich nach Rom zurück, wie viel mehr nicht seitdem! 2. 'Das Wasser stellt sich in der Natur als Bild einer guten Hausmutter dar. Ohne dasselbe würde gar bald die ganze Oberfläche der Erde zu einer Einöde werden, gleich den afrikanischen Wüsten in der dürren Zeit des Jahres; ohne dasselbe würden alle Gewächse verdorren, alle Thiere dahinsterben. Aber gleich einer sorgsamen Mutter, die ohne Aufhören in allen Räumen ihres Hauses umherwandelt, bald hinab zu dem Keller, bald zum Speicher steigt, um alle die Ihrigen mit dem, was ihnen Noth thut, zu versehen, strömt das Waffer der Erde in den Flüssen und Bächen hinab zu dem Meere, steigt von
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