1864 -
Mainz
: Kirchheim
- Autor: Kieffer, Franz Xaver
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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Fleisch clesto saftiger und schmackhafter zu machen. Die körperlich
so schönen Bewohner der Marquesas-Inseln schlachten Freund und
Feind, bei Hungersnoth auch Frau und Kind. Derjenige, der einen
Feind getödtet hat, geniesst sogleich das Blut und Gehirn des Er-
schlagenen. Doch gilt dies Alles natürlich nur von den Australiern,
die noch nicht zum Christenthume bekehrt oder überhaupt noch
nicht in nähere Berührung mit den Europäern oder mit Missionären
gekommen sind. Denn da, wo der beseligende Odem des Christen-
thums die Einwohner angeweht hat, herrschen Friede, Sanstmuth
und Freundlichkeit, und das Angstgeschrei der zum Götzenaltare ge-
schleppten oder zu einer teuflischen Mahlzeit bestimmten, unglück-
lichen Schlachtopser hat sich in die Stimme des Gebets und des Lo-
des verwandelt. An die Stelle der Menschenopfer ist christlicher
Gottesdienst und an die Stelle des Kindermords zärtliche Mutterliebe
getreten. Leberhaupt find die Australier, bei denen das Christenthum
eingeführt ist, und noch mehr bei denen, die dasselbe lebendig auf-
gefasst haben, ganz andere Menschen geworden, und die Otaheitier
und die Sandwich-Insulaner leben bereits in geordneten Staaten.
37. Die Erde.
Nach dem Augenscheine kommt uns die Erde mit allen ihren Bergen
und Thälern, wie eine große, runde Scheibe, vor. Am Rande derselben wei-
ter hinaus ist Nichts mehr; dort ist gleichsam der Himmel an sie gefügt, der,
wie eine große Halbkugel, über ihr sieht und sie bedeckt. Dort geht am Tage
die Sonne auf und unter, bald früher, bald später, bald links an einem ge-
wisien bekannten Berge oder Hause, bald rechts, und bringt Tag und Nacht,
Sommer und Winter und bei Nacht den Mond und die Sterne, und sie schei-
nen nicht gar entsetzlich hoch über unsern Häuptern zu stehen.
Das wäre nun Alles gut, wenn's Niemand besser wüßte. Denn wenn
Einer daheim weggeht und will reisen bis an's Ende der Erde, an den Rand,
wo man einen aufgehenden Stern mit der Hand weghaschen und in die
Tasche stecken kann, und er geht am ersten April vom Hause aus, so hat er
den rechten Tag gewählt. Denn er kann reisen, wohin er will, durch Deutsch-
land, durch Polen, durch Rußland, nach Asien hinein, durch die Muhamedaner
und Heiden, vom Land' auf's Wasser und vom Wasier wieder auf's Land und
immer weiter. Aber endlich, wenn er sich auf einen Baumstamm setzt und will
daran denken, wie lang er schon von den Seinigen weg ist, und wie weit er
noch zu reisen hat an's Ende der Erde und wieder zurück: auf einmal wird's
ihm heimlich in seinem Gemüthe; es wird ihm nach und nach Alles, wie es
daheim war; er hört seine Landessprache wieder sprechen; zuletzt erblickt er
von Weitem einen Kirchthurm, den er auch schon gesehen hat, und wenn er auf
ihn hingeht, kommt er in ein wohlbekanntes Dorf und hat nur noch zwei
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