1864 -
Mainz
: Kirchheim
- Autor: Kieffer, Franz Xaver
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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hinauf. Das Pferd flog in wildem Galoppe mit ihm davon, und sein Vater
fürchtete für sein Leben. Als er aber umlenkte und das unbändige Roß sicher
tummelte, da erstaunten Alle, und Philipp rief voll Freuden: „Mein Sohn,
suche dir ein anderes Königreich: Makedonien ist zu klein für dich!" —
Alexander war kaum zwanzig Jahre alt, als sein Vater starb. Zuerst
unterwarf er sich Griechenland und zeigte sich überall als einen Kenner und
Beschützer der Künste unv Wissenschaften. In Korinth besuchte er auch den
weisen Diogenes. Der glaubte, wie Sokrates, daß der Mensch desto
glücklicher sei, je weniger er bedürfe — und wohnte darum nicht in einem
Hause, sondern in einem Fasse. Der König Alexander, der von ihm gehört
hatte, ging zu ihm. Er lag gerade in seiner Tonne, um sich an der Sonne zu
wärmen. Der König dachte, er würde doch aufstehen und ihm entgegenkom-
men. Aber Diogenes blieb liegen, als wenn die Ankunft des Königs gar
nichts Besonderes sei. Alexander redete lang mit ihm und fand seine Ant-
worten so treffend und geistreich, daß er freundlich zu ihm sagte: „Kann ich
dir eine Gunst erweisen?" — „Ja!" antwortete Diogenes, „tritt mir ein
wenig aus der Sonne!" Da erkannte der König, daß er einen Mann gefun-
den hatte, welcher weder Geld, noch schöne Kleider, noch sonstige Herrlichkeiten
begehrte, sondern mit Wenigem zufrieden war, und er sagte zu den Umstehen-
den: „Wahrlich, wenn ich nicht Alexander wäre, somöchteich
wohl Diogenes sein!"
Mit glühendem Eifer begann Alexander nun die Eroberung des persi-
schen Reiches. Von Europa setzte er nach Asien über den Hellespont. Hier
traf er mit den Persern am Flüßchen Granikus zusammen. Seine Feldherren
wiederriethen es, im Angesichte des Feindes über den Fluß zu gehen; aber
Alexander antwortete: „Der Hellespont würde sich ja schämen, wenn wir die-
ses Flüßchen fürchteten." Mit diesen Worten stürzte sich der kühne Jüngling
in den Fluß; seine Macedonier folgten, und glücklich wurde das jenseitige
User erreicht. Sogleich begann auch der Kamps, und fast hätte Alexander hier
sein Leben verloren; denn zwei persische Führer sprengten auf ihn los, hieben
ihm aus den Kopf, daß der Helm zersprang, und schon hob der eine den Arm
empor, um ihm den Kopf zu spalten. Da, in dem gefährlichen Augenblicke,
sprengte Alexanders Feldherr, Klitus, herbei und schlug mit einem Streiche
dem Perser den rechten Arm herunter, daß Schwert und Arm zugleich herab-
fielen. Alexanders Leben war gerettet.
Die Eroberung Kleinasiens war die Frucht dieses Sieges. Im Süd-
osten dieser Halbinsel lag die Stadt Tarsus, welche von dem Cydnus durch-
flossen wird. Hier kam Alexander bei großer Hitze, mit Staub und Schweiß
bedeckt, an. Das klare Wasser des Fluffes lud ihn zum Bade ein. Aber kaum
war er einige Minuten darin, so überfiel ihn ein heftiges Fieber; leichenblaß
und zitternd an allen Gliedern, mußte er aus dem Bade getragen werden.
Die Krankheit verschlimmerte sich bald so, daß die Aerzte ihn aufgaben, und
keiner mehr Etwas verordnen wollte. Und doch war Alexanders Genesung eben