1864 -
Mainz
: Kirchheim
- Autor: Kieffer, Franz Xaver
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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gegen das w eibliche Geschlecht waren die vier Haupttugenden der
Mitglieder.
Zur Zeit der Kreuzzüge stand das Ritterthnin in seiner schönsten
Blüthe. Es bildeten sich, gleich den Mönchsorden, drei engere Ver-
bb üder un g e n der Ritter unter einander. Das waren die Orden der Jo-
hanniter, der Tempelherrn und der Deutschen. Schon im Jahre
1043 hatten Kaufleute aus Amalfi (in Unteritalien) in der Nahe des hei-
ligen Grabes ein Kloster bauen lasten zur unentgeltlichen Ausnahme und Ver-
pflegung armer und kranker Pilger. Als Gottfried von Bouillon
1099 nach Eroberung der heiligen Stadt dieses Spital besuchte, wurde er von
der hingebenden Treue der Mönche, die hier ihr Leben der Krankenpflege wid-
meten, so gerührt, daß er der Stiftung eines seiner Güter in Brabant zum
Geschenke machte. Nun traten einige Ritter seines Gefolges in das Kloster als
dienende Brüder ein, entsagten der Welt, verpflichteten sich zu den gewöhn-
lichen K l o st e r g e l ü b d e n des Gehorsams, der Ehelosigkeit und der
Armuth und bezeichneten ihre schwarze Ordenstracht mit einem acht-
spitzigen, weißen Kreuze. Schnell verbreitete die Dankbarkeit heimkehrender
Pilger, die bei ihnen Aufnahme und Verpflegung gefunden hatten, ihren
Ruhm durch ganz Europa, und in allen Ländern wetteiferte die Mildthätigkeit
der Fromme», durch reiche Gaden sich einen Antheil an diesem Verdienste zu
erwerben. Jetzo erhoben sich statt des armseligen Obdachs, das die Brüder
bisher zur Aufnahme bieten konnten, Paläste, und daneben wurde ein präch-
tiger Tempel zu Ehren des heil. Johannes des Täufers erbaut, und die
Brüderschaft führte von nun an den Namen Johanniterorden. — Ihre
Güter mehrten sich bald in allen europäischen Ländern, und sie selbst schlugen
sich lang heldenmüthig mit den Türken herum, bis auch-sie der Uebermacht
welchen mußten. Sie ließen sich dann auf der Insel Cype rn nieder, und als
sie auch hier vertrieben wurden, auf der Insel Rhodus. Als sie aber endlich
auch hier keine bleibende Stätte mehr fanden, schenkte ihnen im Jahre 1530
der deutsche Kaiser Karl V. die Insel Malta, und von jener Zeit an hießen
sie auch Malthes er ritte r. —
Der König Balduin von Jerusalem schenkte im Jahre 1118 acht
französischen Rittern, die sich heldenmüthig der armen Pilger außer-
halb der Hauptstadt gegen die Angriffe der räuberischen Horden angenommen
hatten, den Platz, wo einst der Tempel Salomo's stand. Hier bauten sie sich
an und erhielten davon den Namen Tempelherrn. Sie trugen ein rothes
K re uz aüs ihrem weißen Mantel. Ungewöhnlich schnell stieg das An-
sehen dieses Ordens, der größtentheils aus Franzosen bestand, und er gewann
durch reiche Mitglieder und fromme Vermächtnisse einen Reichthum, der bald
jenen der Johanniter überstieg. Aber dieser Reichthum reizte den habsüch-
tigen französischen König Philipp Iv. zum Verderben dieses Ordens. Er
klagte die Mitglieder der gröbsten Verbrechen an; sie wurden unschuldig
mißhandelt, eingemauert, lebendig verbrannt, und der ganze Orden wurde im