1853 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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müsse gehalten werden. Die Weiber hatten den Männern das
Leben gerettet, und der Kaiser belohnte diese ihre Treue dadurch, daß
er ihnen auch alle ihre Besitzthümer ließ.
Von der Treue der Schwaben gegen den Landesherrn wird fol-
gende Geschichte erzählt. Als Graf Eberhard von Würtemberg in sei-
nem Alter in Wild bad sich erholen und die vielen Wunden, die er
in den Schlachten für sein Land empfangen, heilen wollte, wurde er
plötzlich von feindlichen Rittern dort eingeschlossen und wäre ohne Zwei-
fel von ihnen gefangen worden, hätte ihn nicht ein treuer Unterthan
gerettet. Ein Hirt war es; dieser eilte athemlos herbei, dem Grafen
die Botschaft von den heranziehenden Feinden zu bringen. Aber damit
begnügte sich der Mann nicht, er zeigte dem alten Herrn zugleich einen
verborgenen Pfad zur Flucht, und als dieser nicht rasch genug den
Berg hinaufsteigen konnte, nahm ihn der kräftige Schwabe auf seinen
Rücken, trug ihn bergan und ruhte nicht, bis er ihn hinter sichere
Mauern gebracht hatte.
37. Der hohe Staufen.
In der Mitte des schwäbischen Landes, fast gleich weit vom Rhein,
vom Lech und dem Bodenfee entfernt, erhebt sich der hohe Staufen,
ein kegelförmiger Berg, auf dessen Gipfel einst das Stammhaus der
schwäbischen Herzöge und Kaiser gestanden hat. Weithin ist des Ber-
ges Haupt sichtbar, und du magst kommen, von welcher Richtung du willst,
so beut er dir seines kahlen Scheitel entgegen. Es beherrscht eben so
die Gegend und die niederen Berge, wie die mächtige Regentenfamilie,
die einst hier hausete, die niedern Geschlechter und die Landschaft um-
her beherrscht hat. Der baumlose Gipfel des Berges gewährt eine
herrliche Aussicht. Gegen Süden übersieht man die schwäbische Alp
mit ihren begrünten Höhen oder zackigen Felsen; hinter ihr ragen in
weiter bläulicher Ferne, wie Wolken am Horizont, die Schneegebirge
Tyrols und der Schweiz hervor. Gegen Westen erblickt man die schö-
nen Gegenden, die der Neckar durchströmt: das reiche würtembergische Un-
terland, das Schwarzwalder Gebirge, und in weiter Ferne die Berge
Lothringens. In einem schönen Halbkreis gelagert, von Nordwest bis
Nordost, von der Mündung des Neckars bis zum Ausflusse des Lechs
begrenzen die limburgischen und fränkischen Waldungen den Ho-
rizont, und verhindern die weitere Aussicht. Dies sind die äußersten
Linien des Kreises, von dem dieser Berg der Mittelpuntt ist.
Aber innerhalb dieses Kreises, welch' eine bunte Landschaft, welch'
schönes Gemälde! Wie abwechselnd Thal und Berg, Wälder, Fluren
und Flüsse! Welche Menge von Höfen, Dörfern und Städten, die
allenthalben, bald mehr, bald minder versteckt, mit ihren Thürmen und
schimmernden Dächern und Zinnen einen ungemein heitern Anblick ge-
währen. Ganz nahe, dem Anschein nach nur einen Steinwurf weit,
liegt am nördlichen Fuße des Berges die Stadt Gemünd, ehemals