1853 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
56
42. Dirs Großherzogthum Baden.
Der lange, schmale Strich Landes am rechten User des Rheins
vom Bodensee bis zum Einfluß d^s Neckars, und dem Spessart
gegenüber, sogar den Main berührend, bildet das Großherzog-
thum Baden. Es umfaßt 280 Quadratmeilen und hat 1,300,000
Einwohner welche schöne fruchtbare Gegenden, theils am Schwarz-
walde, theils in den Thälern des Rheins, des Neckars und des
Mains bewohnen. Wer von euch einmal eine Reise nach dem freund-
lichen Baden machen sollte, der kann da lustwandeln unter blühenden
Mandeln- und Kastanienbäumen, Weinbergen, Getrei-
de-, Flachs- und Hanffeldern oder zwischen Obst- und
Hopfengärten. Wie da alles duftet und gedeihet unter dem
milden Himmel, sowohl in dem fruchtbaren Rheinthale, als auf
den Reben- und Fruchthügeln, die sich östlich erheben. Oder, wer
ein Freund wild-romantischer Gegenden ist, der geht weiter
südöstlich in die rauheren Gebirge des Schwarzwald es. Dort
findet er eine Menge fleißiger Menschen, die sich mit Holzfällen,
mit Theersieden, Pottaschebrennen beschäftigen oder aus tiefen
Schächten Metalle hervorholen und schmelzen. An Vieh, Wild
und Fischen fehlt es in Baden auch nicht. Nur ein höchst unentbehr-
licher Artikel mangelt ein wenig, und das ist das Salz. So wie
der Landmann sich mit Acker- und Weinbau und mit der Viehzucht
beschäftigt, so sieht man die arbeitsamen Städter thätig in ziemlich
bedeutenden Wollen-, Baumwollen-, Leinen-, Leder-,
Taback-, Metall- und Bijouterie- (Schmuckwaaren) Fabri-
ken, mit deren Produkten bedeutender Handel getrieben wird.
Von den Städten Badens sind Konstanz, Freiburg und
Heidelberg durch ihre herrliche Lage ausgezeichnet, die beiden letz-
teren sind zugleich Universitätsstädte, darunter Heidelberg von vie-
len Ausländern besucht. Größer jedoch ist die Residenz Karlsruhe,
noch nicht 150 Jahr alt und mitten im Walde angelegt. Gleichwohl
ist es jetzt eine ansehnliche und schöne Stadt mit lauter geraden
Straßen, welche sämmtlich von dem großherzoglichen Schlosse, also
strahlenförmig auslaufen. Auch ist die Stadt jetzt durch eine Eisen-
bahn mit dem nicht weit entfernten Rhein in Verbindung gesetzt, so
daß man zur Reise nach Karlsruhe ebensowohl die Dampfschifffahrt
als die Eisenbahn benutzen kann. Dennoch ist nicht Karlsruhe, son-
dern Mannheim, die ehemalige Hauptstadt der Pfalz, die erste
Handelsstadt des Großherzogthums. Denn die günstige Lage an
dem Zusammenstusse des Neckars und Rheins machen, daß in Mann-
heim nicht bloß ein großer Holzhandel, sondern auch mit den Produk-
ten der fruchtbaren Umgegend besteht, und daß auch die fremden Waa-
ren, welche Süddeutschland bezieht, vielfältig dort ausgeladen werden.
Daneben fehlt es Mannheim wie dem badischen Lande überhaupt nicht