1853 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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stock behackt, gesenkt und beschnitten und an die schützenden Pfahle ge-
bunden. Wie die Kinder pflegt der Winzer seine Reben und athmet
freier auf, wenn nur Pancratius und Servatius, die schlimmen
Weinmörder, erst vorüber sind. Wenn dann auch die Blüthe
glücklich vorübergegangen und die wilden Triebe ausgebrochen sind,
wenn erst die glühende Sommersonne die Trauben gereift hat — dann
tragen im Spätherbste die Winzer in ihren Butten jubelnd den rei-
chen Segen in die Kelterhauser und pressen den süßen Most aus
den durchsichtigen Trauben. Während der zu weißem Weine bestimmte
Most abgefüllt wird, gähren die rothen Weine auf den blauen Beeren
und werden wohl noch mit Heidelbeeren oder Blauholz roth gefärbt.
In gewaltigen Fässern gährt dann der junge Wein; er stößt die Un-
reinigkeiten aus und klärt sich ab; und wenn er ausgegohren, dann
wird er von dem Hefenniederschlage abgefüllt und in geschwefelten Stück-
fässern aufbewahrt. Dann ziehen die Weinreisenden aus in alle Welt,
und manche schwatzen dem Unkundigen ihre guten oder schlechten, an-
geblich 1811er, 1834er, 1846er Weine auf; wohl beginnen auch
manche Weinhändler ihre Künste mit Mischen und Verfälschen, mit
Klären und Schönen, und brauen Weine aus Zucker und Branntwein
und giftigem Bleizucker, und kleben bunte Etiketten mit schönen Na-
men auf schlechte Sorten, die dann mancher unkundige Wirth für gute
Weine kauft und mancher noch unkundige Gast für gute Weine trinkt.
Viel besser ist es aber, seinen Durst — statt mit schlechtem Weine —
mit gutem Biere oder frischem Quellwasser zu stillen.
Wiederholungsfragen! —
Zeichnen und Beschreiben! —
So. Die zwei Grostherzogthümer Mecklenburg.
Nun wollen wir uns wieder weiter nach Norden wenden und aus
dem Königreiche Hannover hinüberschiffen über den Elb ström nach
Mecklenburg. Obgleich Mecklenburg einen meist fruchtbaren Boden,
eine gute Bewässerung durch Seen und Flüsse und eine sehr günstige
Lage an der Ostsee hat, so ist es doch unter allen deutschen Ländern am
schwächsten bevölkert, denn auf seinen fast 280 Quadratmeilen wohnen
nur 600,000 Menschen, also nur wenig mehr als 2000 auf einer
Quadratmeile. Die Beschäftigung der Mecklenburger erfordert indessen
auch mehr Raum als anderswo; denn sie treiben neben dem Acker-
bau sehr bedeutende Vieh- und insbesondere Pferdezucht, und zwar
nicht bloß für ihren eigenen Bedarf, sondern sie verkaufen jährlich eine
Menge Pferde ins Ausland, welche sich durch Größe, Stärke und
edlen Bau vor andern auszeichnen.
Mecklenburg besteht aus zwei besondern Staaten, von denen
der westliche, bei weitem größere, das Grosthergogthum Mecklen-
burg-Schwerin^ der östliche, das Großherzogthum Mecklenburg-
Strelitz heißt. Die Hauptstadt des ersteren, Schwerin, ist an einem