1853 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Sieh, wie so herrlich mich Gott geschmückt, Gott hat uns beiden den Frühling gegeben!
Flügel hab' ich mit Gold gestickt, Mir und dir auch ein Herz dabei,
Einen Mantel mit Sammt belegt, Das gern glücklich schlägt und frei!"
Wie ihn der Kaiser nicht schöner trägt. Da ließ der Knabe die Nadel sinken:
Ack, und die ganze prächtige Zier „Geh, rief er, wohin dir die Blumen
Wolltest du grausam zerstören mir? ' winken!
Wolltest mit 'deinem spitzigen Eisen Wir wollen uns beide des Frühlings er-
Mir das fröhliche Herz zerreißen? freun,
Lieber Knabe, ach laß mich leben! Und springen und jauchzen und lustig sein!"
4m). Die Spinnen.
Die Spinne ist ein verachtetes Thier, viele Menschen fürchten sich
sogar davor, und doch ist sie auch ein merkwürdiges Geschöpf und hat
in der Welt ihren Nutzen. Z. B. die Spinne hat nicht zwei Augen,
sondern acht. Mancher wird dabei denken, da sei es keine Kunst, daß
sie die Fliegen und Mücken, die an ihren Fäden hängen bleiben, so
geschwind erblickt und zu erhaschen weiß. Allein 5as macht's nicht aus.
Denn eine Fliege hat nach den Untersuchungen der Naturkundigen viele
hundert Augen, und nimmt doch das Netz nicht in Acht und ihre Fein-
din, die groß genug darin sitzt. Was folgt daraus? Es gehören
nicht nur die Augen, sondern auch Verstand und Geschick dazu, wenn
man glücklich durch die Welt kommen und in keine verborgene Fall-
stricke gerathen will. — Wie fein ist ein Faden, den eine Spinne in
der größten Geschwindigkeit von einer Wand bis an die andere zu
ziehen weiß! Und doch versichern abermal die Naturkundigen, daß ein
solcher Faden, den man kaum mit bloßen Augen sieht, wohl sechstau-
sendfach zusammengesetzt sein könne. Das bringen sie so heraus. Die
Spinne hat an ihrem Körper nicht nur eine, sondern sechs Drüsen,
aus welchen zu gleicher Zeit Fäden hervorgehen. Aber jede von diesen
Drüsen hat wohl tausend feine Öffnungen, von welchen keine umsonst
da sein wird. Wenn also jedesmal aus allen diesen Öffnungen ein
solcher Faden herausgeht, so ist an der Zahl sechstausend nichts aus-
zusetzen, und dann kann man wohl begreifen, daß ein solcher Faden,
obgleich so fein, doch auch so fest sein könne, daß das Thier mit der
größten Sicherheit daran auf- und absteigen, und sich in Sturm und
Wetter darauf verlassen kann. Muß man nicht über die Kunst und
Geschicklichkeit dieser Geschöpfe staunen, wenn man ihnen bei ihrer stil-
len und unverdrossenen Arbeit zuschaut, und an den großen und weisen
Schöpfer denken, der für alles sorgt, und solche Wunder in einem so
kleinen und unscheinbaren Körper zu verbergen weiß?
Das mag alles gut sein, denkt wohl mancher, wenn sie nur nicht
giftig wären, und läuft davon oder zertritt sie, wo er eine finbet. Aber
tocr sagt denn, daß unsere Spinnen giftig seien? Noch kein Mensch
ist in unsern Gegenden vergiftet worden. Giebt es nicht hie und da
Leute, die sie aufs Brod streichen und verschlucken? Wohl bekomm's,
wem es schmeckt! Auch sonst thun diese Thierlein, die nur für die
Erhaltung ihres eignen Lebens besorgt sind, keinem Menschen etwas
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