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1. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 116

1853 - Essen : Bädeker
116 zu Leide. Im Gegentheil leisten sie in der Natur einen großen Nutzen, den man aber, wie es oft geschieht, nicht hoch anschlägt, weil jede einzelne wenig dazu beizutragen scheint. Es ist das Geringste, daß sie hie und da einer Stubenfliege den Garaus machen. Für diese wäre noch anderer Rath. Aber sie verzehren auch jährlich und täglich eine große Anzahl anderer, sehr kleiner Mücklein, die uns durch ihre Menge erstaunlich, beschwerlich und schädlich werden, und gegen welche man sich nicht erwehren könnte, wenn sie überhand nehmen. Sind nicht manchmal ganze Ackerfurchen mit Spinnengewebe überzogen und glänzen im Morgenthau? Da geht manches Mücklein zu Grunde, das die aufkeimende Saat vielleicht angegriffen und verletzt hätte. Ein Gefangener machte einst in seinem einsamen Kerker eine Spinne so zahm, daß sie seine Stimme kannte und allemal kam, wenn er sie lockte' und etwas für sie hatte. Sie verkürzte ihm an einem Orte, wo kein Freund zu ihm'kommen konnte, manche traurige Stunde. Aber als der Kerkermeister es merkte, brachte er sie ums Leben. Was ist verabscheuungswürdig? Ein solches Thier, das doch noch einem Un- glücklichen einiges Vergnügen machen kann, oder ein solcher Mensch, der dem Unglücklichen auch dieses Vergnügen mißgönnt und zerstört? Ein anderer Gefangener, der sonst nichts zu thun wußte, gab lange Zeit aus die Spinnen Acht und merkte, daß sie auch Wetterpropheten seien. Bald ließen sie sich sehen und arbeiteten, bald nicht. Einmal spannen sie träg, ein andermal hurtig lange Fäden oder kurze, einmal näher zusammen, ein andermal weiter auseinander, so oder so, und endlich konnte er daran erkennen, was für Wetter kommt, Sturm, Re- gen oder Sonnenschein, anhaltend oder veränderlich. Also auch dazu sind sie gut, und wenn jemand sich verwundet hat und findet geschwind ein Spinnengewebe, das er auf die blutende Wunde legen kann, so ist er doch auch froh darüber. Wenn es rein ist, so kann es Blut und Schmerzen stillen. Wenn es aber voller Staub ist, so schmerzt es noch mehr, weil der unreine Staub in die Wunde kommt. Daß es mancherlei Thiere dieser Gattung gebe, sieht man schon an der Verschiedenheit ihres Gewebes in der freien Luft, an Fenster- scheiben, in den Winkeln, auf den Feldern, da und dort. Manche spinnen gar nicht, sondern springen nach ihrer Beute. Im Frühjahr und noch viel mehr im trockenen warmen Nachsommer sieht man oft gar viele weiße Fäden in der Luft herumfliegen. Alle Bäume hängen manchmal voll, und die Hüte der Wanderer auf der Straße werden davon überzogen. Man konnte lange nicht errathen, wo diese Fäden und Flocken hervorkommen, und machte sich allerlei wunderliche Vor- stellungen davon. Jetzt weiß man gewiß, daß es lauter Gespinnst ist von unzählig viel kleinen schwarzen Spinnen, welche deswegen die Spinnen des fliegenden Sommers genannt werden. Da sieht man wieder, wie viel auch durch kleine Kräfte kann ausgerichtet werden, wenn nur viele das Nämliche thun. —
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