1853 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
131
Welch' ein unschuldiges, einfältiges, demüthiges, fröhliches Wesen
in den Blumen!
Jede Tugend hat ihr reizendes Sinnbild in der Blumenwelt:
der zarte Sinn, die Bescheidenheit, die Geduld, die Sanft-
muth, die Herzensreinheit, der Glaube, die Hoffnung, der
Himmels sinn.
Am meisten lob' ich mir die Blumen des Mai's! Sie haben meist
so helle lustige Farben, ein so frisches, fröhliches Ansehen, so ein leicht-
fertig unschuldiges Wesen.
Sie stehen so in Haufen zusammen und nicken muthwillig einander
zu. Sie blühen so lebendig hinauf in das Licht. All seinen Glanz
im Angesichte, in all seine Schimmer gekleidet, sind sie wie die Tage
ihres Lebens. Sie scheinen uns zuzurufen: „Seht doch, wie wir guter
Dinge sind! jetzt ist die schöne Zeit, da soll alle Welt fröhlich sein!"
Auch die ersten Kinder des Jahres, das Schneeglöckchen, das
Leberblümchen, die Primel, der Krokus und das Veilchen
nehmen sich in ihrer unschuldigen Einfachheit ungemein lieblich aus.
„Seht," sprechen sie, „wir sind wieder da; es ist zwar noch kalt, aber
wir machen uns nicht viel daraus, wir sind daran gewöhnt, uns friert
nicht leicht; wir konnten es nicht mehr aushalten unter der Erde, da<
nun mußten wir hinaus in den lustigen Tag, in das liebliche Leben
und euch sagen, daß der Frühling kommt!"
61. Das Leben der Blumen.
(Xyii. Musterstück von Kellner.)
a. Einfachste Darstellung.
Die Erde giebt allen Pflanzen, also auch den Blümchen, Nahrung,
so wie die Mutter ihren Kinderit Nahrung giebt. Im Winter sind
jedoch draußen keine Blumen zu finden, und die Wurzeln derselben,
welche in der Erde verborgen sind, fangen erst wieder an, Knospen
zu treiben, wenn der warme Frühling kommt. Da freut sich alles
über die lieblichen Blumen; sie werden von vorüberfließenden Quellen
getränkt, Vögel und Insekten flattern um sie her, die Sonne bescheint
sie so freundlich, und selbst der Mensch freut sich über die Ankunft der
schönen, bunten Blümchen. An jedem Morgen aber werden sie durch
den funkelnden (glänzenden) That! erfrischt und gereinigt. — Die klei-
nen, dankbaren Blumen möchten auch gern uns alle noch mehr erfreun.
Sie verbreiten daher, so lange sie blühen, einen angenehmen Geruch
und werden deshalb nur noch mehr geliebt. So blühen sie zu aller
Freude fort, bis der Herbst kommt, wo sie wieder verwelken, um uns
abermals im nächsten Frühlinge zu erfreun.
Ir. Poetische Darstellung.
Blumen, freundliche Kinderchen ihr, Wohl seid ihr der Mutter lieblichste Zier,
Wie liebt euch die Erde so warm! Drum trägt ste euch schützend tm Ärm;
9*