1853 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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liche Lage des Landes machen einen großen Theil desselben unbewohn-
bar. Nur die südlichen Theile des schwedischen Tieflandes, die Thäler
und einige breitere Küstenstrecken an der Westseite sind bewohnt und
angebaut. Hier wird sehr sorgfältig Land wirthschaft, Pferde-
und Rennthierzucht getrieben, ja einige der südlichen, durch hohe
Gebirge geschützten Küsten und Thäler liefern Obst und lassen selbst
Kastanien- und Wallnuß bau me fortkommen. In den übrigen
Theilen ist der Winter sehr lang und streng, der Sommer dagegen
sehr heiß und kurz, die Lust dabei trocken, rein und gesund.
In Schweden und Norwegen besteht die Hälfte der Thäler
entweder aus Seen von süßem Wasser, oder diese Seen machen einen
Theil des Meeres aus. Schweden und Norwegen ist, wie ihr hier
auf der Karte seht, mit Seen und tiefen Meerbusen, welche Flüs-
sen gleichen, ausgezackt. Wenn man zum Nord-Cap hinauf steigt,
sieht man die Tanne an die Stelle der Buche treten; auf die Tanne
folgen unermeßliche, am Boden mit weißem Moose bedeckte Fichten-
wälder, die dem Lappländer und seinem Rennthier einen Winter-
aufenthalt darbieten, und die Birke, die gegen das Eismeer hin
fast krautartig wird, beschließt das Reich der großen Gewächse, und
endlich steht das Pflanzen leben still.
Die bebauten Ebenen des Nordens, in große Pachthöfe getheilt,
zeigen überall eine hohe Umzäunung von Feldstein-Mauern, die mit
Rasen bedeckt und mit hohen Bäumen umgeben, oft auch noch mit
breiten Gräben umzogen sind. Mitten in einem solchen weiten Umkreise
sieht man auf einem öden, oft bäum- und gartenlosen Flecke, viereckige
Gebäude. Alles, was die Wohnung des Menschen im Norden umgiebt,
weist auf Einsamkeit hin; man hört da nur das eintönige, langweilige
Sausen des Windes, man sieht bloß die beras'ten Grabhügel der alten
Skandinavier und eilt, sich in das einzige hier nur vorkommende
Asyl zu flüchten. Eingetreten in den großen, viereckigen Hof des Pacht-
gutes findet man da im buntesten Gewühle alle Hausthiere mit den
Kindern und den übrigen Gliedern der Familie des Hauses vermischt.
Es ist hier gleichsam die auf Erden niedergesetzte Arche Noah's.
Ist die Sonne unter den Horizont herab, dann scheint sich das
Sausen und Toben der Winde in der Finsterniß der Nacht noch zu
verdoppeln, und in die Brust des Menschen, den hier die Natur zu
verlassen scheint, zieht ein Gefühl von Schrecken. Man begreift,
wie der Bewohner solcher Gegenden zu seiner geliebten Wohnung zu-
rückeilt, sein Feuer, seine Familie, kurz alles das begrüßt, was dem
fühlenden Menschenherzen wenigstens in etwa ein höheres Bedürfniß
zu befriedigen vermag.
22. Der Lappe und das Renrrthier.
Das Zelt des Lappen ist buchstäblich wenig mehr als ein Lum-
pen von einer Art groben Tuchs, welches hauptsächlich in Schweden