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1. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 322

1853 - Essen : Bädeker
322 zum ersten Male in dieselben, einen Anblick dar, der ebenso unerwartet, als entzückend und majestätisch ist. Man wird hingerissen zum Bewun- dern dieser ebenso erhabenen als schauerlichen Wildniß. Urwälder sind unbeschreiblich schön. Kaum reicht der Boden hin, alle kräftig hervor- sprossenden Pflanzen zu tragen; er ist beladen mit Gewächsen; sie fin- den nicht Raum genug, sich zu entwickeln; sie drängen sich auf und über einander, die einen wachsen auf den andern. Ohne daß der Weg gewaltsam gebahnt worden, ist kaum ein Fuß vorwärts zu setzen. Hat man einige hundert Schritte weit mühsam sich hindurch gearbeitet durch üppig aufgeschossenes Unterholz, durch das Gewirre rankender Gewächse, durch Wälder von Schlingpflanzen und durch das Dickicht von Rohr- gehängen und Graswiesen, welche überall die Räume zwischen den ho- hen Bäumen füllen; sind die abgebrochenen Äste, die gleich Säulen- trümmern aus dem Boden hervorragenden Stümpfe, die unter grünem Teppich verborgen liegenden Stämme überschritten, sowie zahllose, zu- sammengestürzte, faulende Bäume: alsdann geräth man nicht selten an hohe Gestein-Haufwerke oder an Spalten und tiefe Abgründe; dünne Stämme müssen niedergehauen, aus den Weg geworfen, mit Cocos- blättern und mit Zweigen bedeckt werden, um künstliche Übergänge zu bahnen. In diesen stolzen Wäldern, in diesen endlosen Ur-Wildnissen erreichen die Bäume eine erstaunenswürdige Höhe und Stärke. Ihr dichtes Laub ruft ein Halbdunkel hervor, wovon unsere europäischen Buchen- und Eichenhaine keinen Begriff geben; es bildet ein wahres Blätter- gewölbe, ein undurchdringliches Schutzdach gegen Sonnenstrahlen, wie gegen den stärksten Regen. Boíl den Riesenbäumen, den Zeugen vieler Jahrhunderte, ja scheinbar mit der Erde von gleichem Alter, hat jeder, so zu sagen, seinen eigenen Wuchs, jeder sein Blätterwerk und oft ein, von dein der Nachbarn ganz verschiedenes Grün. Einige zeigen voll- kommen platte Rinden, andere sind mit Stachelringen umgeben. Nach allen Richtungen winden an diesen Stämmen Schlingpflanzen und ran- kende Gewächse, namentlich dichtbelaubte Lianen — von denen unser Epheu und Geisblatt nur schwache Vorstellungen gewähren — ihr wil- des, undurchdringliches Gewirre hinan. In der sonderbaren Eigenthüm- lichkeit ihres Baues umgürten sie die Stämme; sie verzweigen sich mit ihren Ästen, sie vermengen ihre Blätter und weben die Baumkronen zu dichtem Flechtwerk. Aber vergebens sucht man in den Gipfeln die Enden jener Gewächse; es schwingen sich diese oft in bewundrungswür- diger Höhe aus andre Bäume hinüber, oder sie bilden Gehänge und kehren, der Stützen entbehreild, zu schlank, um sich frei zu tragen, an den Boden zurück, „kriechen" aus diesem fort, um sodann ihren Gang von unten nach oben zu wiederholen, um sich allfs neue mittels Luft- wurzeln den Stämmen anzukleben und so den heftigsten Stürmen zu trotzen. In jedem Wald dieser Art, namentlich in der Tropenwelt, herrscht die gröüte Mannigfaltigkeit von Gattungen. Ost kann man gar nicht
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