Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Vollständiges Lehr- und Lesebuch für die oberen Klassen katholischer Volksschulen - S. 62

1855 - Mainz : Kirchheim
62 spiele unseres Heilandes an diesem Tage die Füsse wusch. Seit zwei Jahren hatte ihre Schwächlichkeit sie verhindert, im Schlosse zu erscheinen. Sie liess der Kaiserin sagen, es thue ihr ausserordentlich leid, dass sie sich bei dieser frommen Ce- remonie nicht habe einfinden können, und zwar nicht sowohl wegen der Ehre, die sie dort zu erwarten gehabt hätte, als vielmehr desswegen, weil sie dadurch des Glücks beraubt wor- den sei, eine so hochverehrte Fürstin zu sehen. Die Fürstin, durch die Gesinnung dieser guten, alten Frau gerührt, begab sich selbst nach dem Dorfe , wo sie wohnte. Sie scheuete sich nicht, in die elende Hütte zu gehen. Sie fand die Alte auf einem Bette hingestreckt, auf welches ihre Schwachheit, die unzertrennliche Gefährtin ihres Alters, sie gefesselt hielt. «Es thut Euch also leid,» redete die grossmüthige Kaiserin sie an, «dass ihr mich nicht gesehen hal t. Tröstet euch, meine Liebe I ich komme jetzt, um euch zu besuchen.» Sie wurde durch die Lage und den Blick der alten Frau sehr gerührt, welche nur darüber seufzte, dass sie nicht von ihrem Bette aufstehen konnte, um ihr zu Füssen zu fallen. Die Kaiserin 'unterhielt sich eine Zeitlang mit ihr und liess bei ihrem Abschiede eine Summe Geldes zurück, um ihr die nöthigen Bequemlichkeiten zu verschaffen. 71. Der großmüthige Indianer. Ein Indianer verirrte sich auf der Jagd bis an die Grenzen des bebauten Landes, wo ein Europäer eine große Pflanzung hatte. Eben saß dieser gemächlich vor der Thüre, als der Indianer ganz erschöpft sich näherte und um eine Labung bat. Sie ward ihm trotzig abgeschlagen. „Nur einen Trunk Wasser!" stammelte der Müde. „Pack dich von dan- nen, du indianischer Hund," war die Antwort, „du bekommst Nichts!" Mißmuthig entfernte sich der Indianer. Nach einiger Zeit stellte der Europäer eine Jagd an. Hitzig verfolgte er ein Wild in den großen Waldungen und verlor sich ganz von seiner Gesellschaft. Den ganzen Tag irrte er umher, ohne einen Menschen, ohne eine Hütte zu sehen. Erst bei sinkender Sonne erblickte er von Weitem die Hütte eines Wilden. Müdigkeit, Hunger und Durft zwangen ihn, hier Hülfe zu suchen. Seine Bitte war, man möchte ihn zur nächsten Pflan- zung führen. „Die ist," antwortete der Wilde, „zu weit von hier, als daß wir noch heute hinkommen könnten. Bleib hier und erquicke dich und ruhe aus, bis die Sonne wieder scheint. Dann will ich dich sicher führen, wohin du willst." Der Europäer mußte das Erbieten annehmen, und der Wilde bewir- thete ihn freundlich, bereitete ein weiches Lager und gab ihm die Versiche- rung, daß er sorglos schlafen könne. Nach genommenem Frühstück machten sie sich am andern Morgen mit einander auf den Weg, wo dann der Wilde seinen Gast treulich bis zum Gebiete der Pflanzung führte. Als nun der Pflanzer Abschied nehmen wollte, sprach zu ihm der Wilde : „Sich mich zuvor noch recht an! Kennst du mich?" Furchtsam verneinte es Jener. „Nun, so wisse," erklärte der Sohn des Waldes, „daß ich der indianische
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer