1855 -
Mainz
: Kirchheim
- Autor: Hepp, J.
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Da ruft er seinem Buben
Zur Feuerwacht herein:
Ich lass auf kurze Weile
Bei'm Kessel dich allein.
Will mich mit einem Trünke
Noch stärken zu dem Guß,
Das gibt der zähen Speise
Erst einen vollen Fluß.
Doch hüte dich und rühre
Den Hahn mir nimmer an:
Sonst wär' es um dein Leben,
Fürwitziger, gethan!
Der Bube steht am Kessel,
Schaut in die Gluth hinein.
Das wogt und wallt und wirbelt,
Und will entfesselt sein.
Und zischt ihm in die Ohren
Und zuckt ihm durch den Sinn,
Und zieht an allen Fingern
Zhn nach dem Hahne hin.
Er fühlt ihn in den Händen,
Er hat ihn umgedreht;
Da wird ihm angst und bange,
Er weiß nicht, was er thut.
Und läuft hinaus zum Meister,
Die Schuld ihm zu gesteh'n;
Will seine Knie umfassen
Und ihn um Gnade fleh'n.
Doch wie der nur vernommen
Des Knaben erstes Wort,
Da reißt die kluge Rechte,
Der jähe Zorn ihm fort.
Er stößt sein scharfes Messer
Dem Buben in die Brust,
Dann stürzt er nach dem Kessel,
Sein selber nicht bewußt.
Vielleicht, daß er noch retten,
Den Strom noch hemmen kann: —
Doch steh', der Guß ist fertig,
Es fehlt kein Tropfen d'ran.
Da eilt er abzuräumen.
Und steht und will's nicht seh'n;
Ganz ohne Fleck' und Makel
Die Glocke vor sich steh'n.
Der Knabe liegt am Boden,
Er schaut sein Werk nicht mehr;
Ach! Meister, wilder Meister,
Du stießest gar zu sehr!
Er stellt sich dem Gerichte,
Er klagt sich selber an:
Es thut dem Richter wehe
Wohl um den wackern Mann.
Doch kann ihn Keiner retten.
Und Blut will wieder Blut. \
Er hört sein Todcsurtel
Mit ungebeugtem Muth.
Und als der Tag gekommen,
Paß man ihn führt hinaus.
Da wird ihm angeboten
Der letzte Gnadenschmauß.
„Ich dank' euch," spricht der Meister^
„Zhr Herren, lieb und werth;
Doch eine andre Gnade
Mein Herz von euch begehrt.
Laßt mich nur einmal hören
Der neuen Glocke Klang!
Ich hab' ste ja bereitet,
Möcht' wissen, ob's gelang."
Die Bitte ward gewähret,
Sie schien den Herrn gering;
Die Glocke ward geläutet,
Als er zum Tode ging.
Der Meister hört sie klingen.
So voll, so hell, so rein;
Die Augen geh'n ihm über.
Es muß vor Freude sein.
Und seine Blicke leuchten,
Als wären sie verklärt;
Er hat in ihrem Klange
Wohl mehr als Klang gehört.
Hat auch geneigt den Nacken
Zum streich voll Zuversicht;
Und was der Tod versprochen^.
Das bricht das Leben nicht.
Das ist der Glocken Krone,
Die er gegossen hat.
Die Magdalenenglocke
Zu Breslau in der Stadt-
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