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1. Vollständiges Lehr- und Lesebuch für die oberen Klassen katholischer Volksschulen - S. 130

1855 - Mainz : Kirchheim
130 men läßt; das Kameel hat ihn aus der Ferne schon erspürt und plötzlich gewinnt es seine Kräfte wieder, schreitet rasch voran, ihm lustig nach der ganze Zug. Da steht es still und bäumt sich vor Freude. Aus jedem Auge bricht ein lebender Strahl, die matten Glieder durchzuckt ein elektri- sches Feuer. Es stellt sich die Karavane im Kreise; eifrig wird der Boden aufgescharrt und aus des Grabes Tiefe tritt der Quell glänzend an den Tag und Alles stürzt hin, sich zu erlaben am unverwüstlichen Lebensborne. Die erstarrten Züge werden milder, die Augen heiter, der Muth ist ge- stählt, die Kräfte wachsen. Man lagert sich; die Zelte werden aufgeschla- gen, die Thiere gefüttert und mit Sorgfalt vom Staube gereinigt. Da sind alle Drangsale vergessen; Gespräche erheitern die Nacht, Mährchcn werden erzählt, die leere Wüste ist zu einem Paradiese geworden. — Und ist das Fest vorüber, find die Schläuche gefüllt, die Kamcele getränkt, so werden die Zelte abgebrochen, die Ladungen aufgeschnallt; lustig ertönt die Pfeife und die Reise geht dem Ziele zu. Wochen weichen vorüber, eine Oede verliert sich wieder in der anderen in steter Einförmigkeit. Heiße Tage wechseln mit kalten Nächten ab. Am Tage geht der Müde im Schat- ten des Kameels; es wendet sich gegen ihn und leckt ihm die Hand, des Nachts erwärmt cs ihn. Der Chamsin wälzt seine Gluthen über die Ebene, das Kameel ist wieder dem Menschen Schirm vor diesem Unge- heuer. Eine grüne Landschaft spiegelt sich in den Lüften, in der Ferne glänzt ein See, die Oase ist erreicht! Vergebliche Hoffnung! Täuschung und Trugbilder sind es; die Landschaft vergeht, der See wird zur Steppe, über welche Salzkristalle statt der Quellen ihren Glanz verbreiten. Die Waffcrschläuche werden leer, die Tage heißer, lästiger; die Schritte der Karavane erlahmen. Da wirst du, o treues Thier, nochmals der Retter deines Herrn; mit deinem Blute, mit deinem Leben erkaufst du ihm das seinige! Er stößt den Dolch in dein Herz, fällt, ein lechzender Tiger, über dich, trinkt dein Blut, erlabt sich an dem Wasser deines Magens und gewinnt Kraft, das blühende Gestade der Wüste zu erreichen. Das Kameel ist dem Araber geboren, sein Sklave, sein Reichthum x von Abrahams Zeiten her bis zum heutigen Tage. Es ist das Schiff, aus welchem er die Wüste durchzieht; es trägt ihn zu Mekka's, zu Medina's hei- ligen Tempeln, geleitet ihn durch die Wüste Saraha's zu dem glänzenden Niger. ■ Es hat die Zeichen der Sklaverei, die behaarten Fctthöcker auf dem Rücken, Schwielen an Brust und Knie sind die Folgen seiner Arbeit, sowie die Ballen seiner kleinen gespaltenen Hufe, die es schützen vor dem heißen Sande. Eine Mißgestalt ist es, ohne Schmuck, ohne Anmuth, halb Pferd, halb Schaf, mit gespaltener Lippe, mit kleinen aufgestellten Ohren, mit langem eingebogenem Halft, dem Barte an Brust und Kinn, dem hageren Kreuze und kurzem Schweift. Auf hohen Beinen schreitet cs daher, geht Tage lang schwer beladen fort und ermüdet nicht. Die Blätter der Disteln und stachlicher Gestrüppe sind seine Nahrung; es erlabt sich an dem Wasser der Cifterne und nimmt davon einen Vorrath aus die Reise mit; selten wird ihm ein Trunk aus frischem Quell zu Theil. Sich auf den Boden zu werfen und Lasten zu kragen wird es abgerichtet; demüthig und geduldig beugt es die Kniee vor seinem Tyrannen, damit er bequem es belade. Auf den Wink desselben erhebt es sich und folgt ihm. Er nährt sich von der Milch des Kameels, er ißt sein Fleisch und kleidet sich in seine Wolle. R. Meyer. 26. Der Löwe. Das mächtigste, furchtbarste und kühnste unter allen Geschöpfen ist unstreitig der König der Thiere, der Löwe. Die ganze Gestalt
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