1855 -
Mainz
: Kirchheim
- Autor: Hepp, J.
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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27. Hlliigbieit und Dankbarkeit einer Luwin.
Von der Mannschaft eines englischen Schiffes, die an der
ostindischen Küste ans Land geschickt worden war, um Holz zu
fällen, hatte sich ein Matrose entfernt und sich weiter als die
Uebrigen in den Wald gewagt. Aber plötzlich hemmte Schrecken
seine Schritte, denn er sah rasch eine Löwin auf sich zueilen,
der zu entfliehen nicht mehr möglich war. Doch bald trat Verwun-
derung an die Stelle der-Furcht, als sich das Thier ihm schmei-
chelnd zu Füssen legte, erst ihn an- und dann nach einem Baume
hinsah. Nachdem sie dies einige Male wiederholt hatte, stand
sie wieder auf und ging auf jenen Baum zu, sich mehrmals
nach dem Matrosen umblickend, woraus dieser schloss, dass sie
wünsche, er solle ihr folgen, was er endlich auch that. Ange-
kommen bei dem Baume sah er auf diesem einen grossen Pa-
vian sitzen, der kleine Thierchert im Arme hatte, welche, wie
er aus den unverwandt dahin gerichteten Blicken der Löwin,
die sich katzenartig unter dem Baume niedergekauert hatte,
schloss, deren Jungen sein mochten. Hinauf zu klettern und
dem Pavian die Beute abzujagen, dazu hatte er keine Lust,
aber er war mit einer Axt versehen und so dachte er bequemer
und sicherer den Wunsch der Löwin zu erfüllen. Basch fing
er nun an, den Baum umzuhauen, bei welcher Arbeit die Lö-
win abwechselnd ihn und den Bäuber ihrer Jungen im Auge
behielt, was ihm in der Förderung seiner Arbeit ein nicht klei-
ner Sporn war; auch währte es nicht lange, so musste der
Baum seinen kräftigen Hieben weichen, er fiel und mit ihm
der Pavian, den die Löwin mit einem Satze fasste und in
Stücken riss. Der Matrose stand und zitterte über diesen
Anblick wie ein Espenlaub. Nachdem die Löwin ihre Jungen
unversehrt gefunden, berochen und beleckt hatte, sprang sie von
Neuem auf den armen und zitternden Matrosen los, um diesem
durch Lecken und Sehmeicheln ihre Dankbarkeit zu beweisen.
Sie schmiegte sich um seine Füsse, rieb einige Male ihren Kopf
an ihm, nahm dann ihre Jungen, wie die Katzen zu thun
pflegen, ins Maul und trabte mit denselben davon. Bebend
und bleich kam der Matrose auf dem Schiffe an, und es
dauerte lange, bis er sich so weit erholt hatte, dass er das
Abenteuer erzählen konnte.
28. Der Hund auf dem St, Bernhardsiterg.
Ein frommer savoyischer Edelmann , Bernhard von
M e n t h o n, stiftete im Jahre 962 auf einem sehr hohen Berge
im südlichen Theile von Wallis ein Kloster, dessen Bewohner
das heilige Gelübde auf sich nehmen, den Wanderern auf diesem
wilden Bergpfade jede mögliche Erleichterung und Erquickung