1855 -
Mainz
: Kirchheim
- Autor: Hepp, J.
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Beklemmung drang in unsere Heizen und in den Sitz unseres
Lebens, dass es gar nicht zu beschreiben ist. Wir schrieen,
aber unsere Stimmen hatten keinen Laut mehr, wir schlugen
mit geballten Fäusten gegen die Wand der Glocke , und der
Gedanke zuckte durch mein geschwächtes Bewusstsein, dass
das Untergehen in diesem Augenblick der Tod sei. — Die
Glocke sank dann, das Wasser rauschte auf, die zusammen-
gedrückte Luft kämpfte, es ward dunkel um uns her, oder
mein Auge sah nicht mehr, die furchtbarste Beklemmung stei-
gerte sich während der Dauer einiger Minuten und vielleicht
war so eben der Punkt nahe , jenseits welches der Tod lag,
als wir wie neu geboren aufathmeten, die Lungen erweiterten
sich, die Fähigkeit zu sein erwachte wieder, ein süsser
Strom von Leben floss neuerweckt durch unsere Adern,
unsere Wangen rötheten sich wieder, unser Mund schloss
sich. Diese heilsame Veränderung ward durch das Ein-
dringen , durch die Ankunft neuer Luft in unserm einge-
schlossenen Raum bewirkt, welche man uns vermittelst eines
Schlauches zuführte, der in die Glocke mündete und mit dem
Ufer in Verbindung blieb. Jetzt sanken wir beruhigt und er-
heitert tiefer und tiefer bis zu dem Grunde des etwa brunnen-
tiefen Gewässers, wo wir noch immer so viel Licht genossen,
um Steine, Sand, Klippen, Muscheln zu unsern Füssen im
Wasser ganz deutlich zu unterscheiden. Einige Zeit verweilten
wir unten, eingeengt von der tödtlichsten Beklemmung ; dass
es ein angenehmer und gemüthlicher Aufenthalt gewesen sei,
lässt sich keineswegs behaupten. Auch schwindelte mir der
Kopf von der Nervenerschütterung; ich fühlte mich seekrank,
bestieg mit schwankenden Schritten wieder das Ufer und hatte
den ganzen Tag über ein Gefühl von Unwohlsein.
Hernigen.
33. Dev Wärmemesser oder Thermometer.
Daß im Januar ein anderes Lüftchen geht als im Mai und im Mai
wieder ein anderes als im Juli, das hat wohl ein Jeder schon gemerkt
und Mancher wird wohl meinen, es sei schon genug, daß man es merkt
und man brauche davon weiter nichts zu wissen. Fraget aber einmal einen
Gärtner, der ausländische Pflanzen zieht, ob der wohl auch meint, das
lasse sich Alles so leicht abmerken; oder fragt einmal einen Zuckersicdcr,
ob es dem auch auf einen Schub Wärme ankommt! Er wird euch gewiß
sagen, daß sich ihm ein großer Theil seines Zuckers frischweg in Sprup
verwandelt, wenn er zu sehr einfeuert und daß er dadurch einen sehr groß-
ßen Verlust erleidet. Und wenn der Gärtner seinen ausländischen Pflanzen
zu warm gibt, so vergcilen sic ihm, und läßt er es zu kalt werden,' so
können sie ihm gar erfrieren.
Wenn ihr aber m int, man könne so ohne Weiteres an seiner Haut
abmerken, wie warm es sei, so machet nur einmal folgenden Versuch.
Geht im Winter Morgens um 11 Uhr in ein Gewächshaus, oder auch in
eme Krankenstube, so werdet ihr es vielleicht nicht allzuheiß finden; geht