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1. Vollständiges Lehr- und Lesebuch für die oberen Klassen katholischer Volksschulen - S. 155

1855 - Mainz : Kirchheim
155 halten und den Geist reich, heiter und blühend machen kann. Daher ist der Rhein uns Deutschen ein heiliger Fluß. Man begrüßt ihn als einen alten Freund, selbst wenn man nie zuvor an seinen Ufern war. Ueber diese ist aber auch ein ganz eigener Zauber ausgegossen. Ihre lachende Schön- heit entzückte Franzosen, Italiener und Briten. Gegen den Rhein sind Donau und Elbe, Weser und Oder nur gemeine Wasser. Der gcheimniß- volle Strom hat alles Leben des Südens. Seine schöne Natur ist unver- ändert geblieben trotz aller Kriegstrauerspiele, die an seinen Ufern aufge- führt wurden. Hier ist das deutsche Himmelreich, wenn es hicnieden zu finden ist. Deßhalb haben denn auch viele Dichter den Rhein besungen, den Rhein, Deutschlands Strom, nicht aber Deutschlands Gränze, den Rhein, der so rein, klar und hell fließt, als sonst kein Strom der Erde. Das linke Ufer dieses herrlichen, für Deutschland so überaus wichtigen Stromes riß Frankreich in den letzten Zähren deö vergangenen Jahrhun- derts räuberisch an sich, zu den Trümmern der alten Burgen noch die Trümmer von Klöstern, Kirchen und Dörfern im wilden Taumel der Re- volution gesellend, und behielt es bis zum Jahr 1814 unter seiner Botmä- ßigkeit. Seitdem ist der Vater Rhein wieder deutsch. Die Wächter, die das jenseitige Ufer dem Reisenden widerlich machten, sind verschwunden. Nun kann man die Gemäldcgallerien des Rheins wieder ohne Aerger ge- nießen, rechts und links vom Einflüsse der Lauter an, in Morgen- und Abendbeleuchtung, ohne bei jedem Schritte von Zöllnern bewacht und in seinen Wanderungen und Fahrten gestört zu werden. Deß soll sich jeder Deutsche, der das Vaterland liebt, freuen, sei er nun Preuße, Sachse oder Schwabe, und gelüstete den gefährlichen Nachbar in der Folge wieder ein- mal nach den schönen Ufern, das er lügnerisch für seine natürliche Gränze ausgibt: so trete Jeder, der eine Schulter für's Gewehr und eine gesunde Hand hat, um das Schwert zu schwingen, freudig zur Vertheidigung des uns heiligen Stromes hervor, auf daß er Deutschlands Strom bleibe und nimmer Deutschlands Gränze sei! — Ihr reicht mir die Hand zum Ge- lübde? — recht so! dem Deutschen muß sein Vaterland über Alles auf Erden heilig sein. Nicht ein Stückchen davon ohne Schwertstreich in fremde Hand, und der Muthige, für seines Landes und Volkes Ehre Begeisterte, trägt immer den Sieg davon und fällt lieber, als daß er die von Jahr- hunderten geheiligten und von den Vätern als unveräußerliches Vermächt- niß empfangenen Rechte sich entreißen lassen sollte! Rebau. 4. Der Cirknitzer See. An den Mischen Alpen liegt in Krain der berühmte Cirknitzer See, von jeher das Wunder und Räthsel der Gegend. Oestlich von Adelsberg, da wo die Geheimnisse der Unterwelt in hundert Ge- wölben der Kalkfelsen verschlossen sind, breitet sich der wunderschöne See von Cirknitz aus, wie ein Spiegel von drei Quadratmeilen. Aus ihm ragen hervor fünf Inseln und eine derselben trägt selbst das Dörfchen Ottok. Mehrere Flüßchen fallen hinein. Er ist sehr reich an Fischen und Wasservögeln und die ganze Thalgegend umher ist romantisch schön. Nördlich erhebt sich das Slirinitza-Gebirge, westlich und südlich der große Jarornik. Neun Dörfer, zwanzig Kirchen und zwei Schlösser reihen sich um den See. Bei vielem Regen gewinnt er an Umfang, aber bei sehr trockenem Wetter ver- schwindet sein Gewässer und ziehet in den geheimen Schoos der
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