1855 -
Mainz
: Kirchheim
- Autor: Hepp, J.
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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mitten in der Wildniss; Eisberge thürmen sich am Rande der frucht-
barsten Thäler auf und, indem man mit dem einen Fuss in ewigem
Schnee steht, tritt der andere auf einen grünen Teppich, wo die süsse
Erdbeere sich röthet; der Reiz des Frühlings und die Fruchtbarkeit des
Sommers erscheinen hier ungestört mitten unter der Rauigkeit des Win-
ters und Grönlands Schrecken steigen, tausendfältig vermehrt, über ein
Paradies auf, wo tausend Blumen duften. Hirschfeld.
14. Appenzell.
Da sitzen wir 4600 Fuß Hoch über dem Meere, an Hoher
'Felsenwand, und betrachten mit Entzücken die reizende Gebirgswelt.
Da möchte man Tage lang weilen und scheidet mit schwerem Herzen
von diesem erhabenen Schauspiele. Wir wollen aber noch höher,
auf die Säntishöhe von 7700 Fuß, um von diesem erhabensten
Punkte Appenzell's in die weite Welt zu blicken. Diese Bergfahrt
dauert sechs Stunden. Gegen Abend brechen wir, unter Leitung
eines kundigen Führers, auf, steigen vier Stunden rüstig bergan
und übernachten in einer Sennhütte. An's Schlafen ist nicht viel zu
denken, und es macht Freude, das lustige Feuer von dürrem Tannen-
holz wohl anzuschüren. Mit dem ersten Tagesgrauen steigen wir
wieder bergan, um die Gipfel vor Sonnenaufgang zu erreichen.
Schon glühen die Alpenhörner Tprols in riesiger Pracht, immer
weiter schreitet das purpurne Licht über die Berggipfel der gegen
Süden und Südwesten gelagerten Alpen, während der Fuß der
Berge und die Thäler noch vom nächtlichen Grau umschleiert sind.
Wir gelangen endlich auf den Gipfel und die Sonne taucht empor
über die östlichen Berge, ihre Häupter mit Licht überfluthend; setzt
glänzen die Firsten silberhell, das Dunkel in der Tiefe verschwindet
und eine unermeßlich weite Welt liegt ausgebreitet vor dem erstaunten
Blicke. Vor Allem stellt sich das Alpengebirge in seiner Großartig-
keit vor; von den steierischen, salzburger und tyroler Alpen gleitet
das Auge über die bündtnischen zu den glarnischen und die Alpen
von Uri bis zu den Riesen des Berner Oberlandes, dem Finster-
aarhorn, Schreckhorn und der Jungfrau — eine Strecke von mehr
als hundert Stunden! Wenn das Weltmeer Wogen von vielen tau-
send Fuß Höhe aufihürmte und diese plötzlich überstürzend und Flam-
men gleich wieder aufsteigend, gebrochen und gerundet im Augenblicke
zu Eis erstarrten, so möchte das einen ähnlichen Anblick gewähren.
Ein Schauer überkommt uns, wenn wir auf diese zertrümmerte
Welt blicken, und die Seele erbebt, indem sie die Allmacht Gottes
schaut. Bumüller.
13. Venedig.
Venedig Hegt im adriatischen Meerbusen, ein Riesenschiff
in einem riesigen Hafen vor Anker. Seine engen Strassen, die
dadurch, dass sie blos für Menschen bestimmt sind, dass nie we-
der Wagen noch Lastvieh darin gesehen werden , ein gewisses
Ansehen von Häuslichkeit bekommen, als seien es nur Gänge