1855 -
Mainz
: Kirchheim
- Autor: Hepp, J.
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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gewühlten dichten Stau-wolken, mit dem Geschrei und dem Schwert-
geklirre der Kämpfenden und dem Aechzen der Sterbenden, die Stätte
andeuteten, auf welcher zwei Könige sich um eine Krone schlugen.
Beide Heere hatten sich zu einem wilden Knäuel in einander einge-
klemmt, so daß man Brust an Brust focht, und Schwert und Kolbe
und Dolch, ihres sicheren Zieles nur selten verfehlend, manches
Haupt spalteten und manche Brust zerbrachen. Adolph war von
mehreren Feinden umringt und wehrte sich wie ein Verzweifelter
gegen die Uebermacht. Seine mächtigen Hiebe schlugen seden Streich,
der sein unbedecktes Haupt bedrohte, siegreich ab. Plötzlich erkannte
er in dem Gewühle, nicht weit entfernt neben der Hochstraße, seinen
Gegner Albrecht. Des Todfeindes Nähe und Anblick machten das
Blut in seinen Adern kochen. Er, seines Zornes nicht mehr Meister,
setzte seinem Rosse die Sporen in die Seite und, gewaltsam durch den
Feind sich Bahn brechend, in mächtigen Sätzen zu ihm hin. „Heute,"
rief er ihm donnernd entgegen, „heute wirst du mir nicht
wieder entlaufen; all hie sollst du mir Reich und Le-
den lassen!" — „Das steht in Gottes Hand!" erwiederte Albrecht
und, durch eine geschickte Wendung den gewaltigen Hieb des Königs
vermeidend, traf er diesen, bevor er zu einem neuen Schlage aus-
holen konnte, so heftig in's unbeschützte Gesicht, daß ihm ein Auge
herausbrach und ein Blutstrom nachschoß. In demselben Augenblicke
führte auch der Wild- und Rauhgras dem Könige von der anderen
Seite her einen zerschmetternden Hieb auf's unbedeckte Haupt, wovon
er zum Tode verwundet und ohnmächtig im Sattel wankte. Das
Schwert entsank kraftlos seiner vom langen Kampfe und vom Todes-
nahen gelähmten Rechten, und als seine Linke, sich festhaltend,
krampfhaft in die Zügel griff und darüber sein Roß sich bäumend
emporstieg, zerhieb diesem ein Unbekannter die Vorderfüße, daß es
verstümmelt zusammenbrach und seinen sterbenden Reiter in den Sand
warf. Geschwind sprang ein reisiger Knecht aus dem Sattel zur
Erde, lüftete dem schon halb bewußtlos am Boden Liegenden den
Ringkragen und durchschnitt ihm, nach Scharfrichterart, den Hals,
wovon er in wenigen Augenblicken verschied. In den benachbarten
Klöstern Rosenthal und Dreisen und vom Thurme des nahen Städt-
chens Göllheim verkündeten die Glocken die Mittagsstunde.
Der Kampf dauerte mit steigender Heftigkeit fort, und dort und
hier stürzten viele Ritter und Knechte. Als aber die Kunde von
Adolphs Tod überall hin erscholl, zogen sich die Pfälzer und Bayern
in geschlossenen Gliedern zurück und die Niederlage war vollendet.
Es war drei Uhr vorüber. Sechs Stunden lang hatte die erbitterte
Schlacht gedauert. Albrecht hatte einen so vollständigen Sieg ge-
wonnen, wie er ihn kaum wohl mochte gehofft haben. Die Ge-
treuem Adolphs, welche waren gefangen worden, kamen nun vor den
neuen König und baten um Verlaub, die Leiche ihres gefallenen
Herrn nach Speyer, der Todtenstadt der römischen Könige, führen