1855 -
Mainz
: Kirchheim
- Autor: Hepp, J.
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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besondern Ruf. Wir wollen hier nur an das Marburger Geschirr
erinnern. Je mehr sich die Töpferwaaren in ihren Eigenschaften dem
Glase nähern, desto besser sind sie; daher wird auch von der kundigen
Hausfrau beim Einkaufe der Klang zur Bestimmung der Güte zu
Rathe gezogen und auf lebhafte Glasur Rücksicht genommen. Letz-
teres ist besonders wichtig; denn die Glasur, welche die Gefäße über-
zieht und dem Eindringen der Flüßigkeiten widersteht, besteht aus
Bleioxyd oder Silberglätte. Ist nun die Verglasung nicht vollständig
von Statten gegangen, so kann durch die Farben eine Vergiftung der
Speisen entstehen. — Das Steingut und die Fayence (fpr. Fai-
janö) sind vermöge der Beimengungen von Gyps, Schwerspath und
fein gemahlenem Feuerstein bedeutend fester, als die gewöhnlichen
irdenen Geschirre, und die englischen Töpfereien waren lange Zeit
durch dieselben am meisten berühmt. Der Sohn eines gewöhnlichen
Häfners in England suchte Alles auf, was zur Veredlung und Ver-
besserung seines Handwerks diente, und durch ihn erhob sich sein zur
niedern Handarbeit gesunkenes Gewerbe zur Kunst. Er war später Herr
einer Fabrik, welche jährlich für 1 Million Gulden Waaren absetzte.
Fast ganz reine Thonerde ist der P o r z el l a n t h o n, der in aus-
gedehnten Fabriken zu Gegenständen mannigfaltigster Form verarbeitet
wird. Was die Geschicklichkeit des Menschen in Fertigung des Por-
zellans zu leisten vermag, läßt sich ähnlich wie beim Glase in den
Läden der Städte am besten wahrnehmen. Die Chinesen kannten
seit alter Zeit die Bereitung des Porzellans; für Europa erfand solche
ein Mann Namens Böttcher in Meissen, indem er der Kunst, Gold
zu machen, nachforschte. Zwar brachte er es^nicht zum Goldmachen,
was nicht möglich ist, da Gold sich nicht aus andern Stoffen zusammen-
setzen läßt; aber er fand dafür Das, was Goldes werth ist und woran
er anfangs nicht dachte. Bald nach Auffindung des Porzellanthons
in Sachsen wurden Lager davon in verschiedenen Theilen Deutschlands
entdeckt und die großen Fabriken zu Wien, Prag, Berlin, Nymphen-
burg bei München angelegt. Auch Frankreich, England und andere
Staaten Europa's schätzten die neue Ersindung und lernten von un-
serm Landsmanne. . Die Thonerde wird außer dem Genannten noch
als wichtiges Material in der Färberei gebraucht, indem die Zeuge,
welche man färben will, vorerst in eine Austösung von Thon kommen,
der die Farben später fester damit verbindet; ferner ist sie nothwendig
bei der Darstellung verschiedener Farben. Die Walkererde wird
zum Reinigen von Wollenzeugen angewendet, da sie die fettigen Theile
derselben einsaugt und die Tücher fester macht; außerdem bereitet man
mit Terpentin und Seife die Fleckkugeln daraus. Von den irdenen
Tabakspfeifen soll die Rede nicht sein, wohl aber davon, daß man aus
einem Gemenge von Thon, Sand, gepulverten Kohlen und Wasser-
mörtel sogar Pflastersteine gebrannt hat, welche große Härte besitzen.
Einige der schönsten Edelsteine gehören der Thonerde an, wie der
Rubin, Sapphir, Smaragd und Granat.