1855 -
Mainz
: Kirchheim
- Autor: Hepp, J.
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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brennen der bei Gewinnung dieser Genannten übrig bleibenden Rück-
stände erhalten. In manchen Gegenden beschäftigen sich viele Leute mit
Gewinnung von Produkten aus dem Safte der Nadelbäume. Von dem
ausgedehnten Handel mit Nadelholz erhält man einen Begriff, wenn man
die vielen grossen Flösse auf dem Rhein und Main betrachtet: Tausende
von Stämmen werden jährlich auf diese Weise aus den Waldungen Süd-
deutschlands nach anderen Gegenden gebracht.
13. Der Nadelwald.
Mit der Schönheit des Laubwaldes kann sich der Nadelwald zwar
nicht messen und muß in der Frühlings- und Sommerzeit diesem den
Vorzug lassen; aber er hat auch sein Schönes, worin ihm jener nicht
beikommt. Jahr aus, Jahr ein trägt er durch alle Monate dieselbe
Farbe und bleibt sich gleich wie ein treuer Freund, mag die Erde sich
auch ringsum verändern. Und wenn der Schnee alles Grün begräbt,
so widersteht ihm der Nadelforst und rettet unter Sturm und Gestöber
die Farbe des Pflanzenreiches. Wie im Wetter der Schlacht der brave
Fahnenträger nicht weicht, so hält auch er das grüne Banner den an-
dringenden dunkeln Schneewolken kühn entgegen und verläugnet sein
Abzeichen nicht, dem Winter zum Trotz und gleichsam der Pflanzenwelt
zur Ermunterung. Wohl gereicht ihm diese Beständigkeit zum Verder-
den; die Schneemassen lagern sich auf sein Gezweige; unter ihrer
Schwere krachen die Aeste und mancher Baum steht verstümmelt unter
den verschont gebliebenen Bäumen da, wenn der wiederkehrende Früh-
ling unter dem Jubelruf der Sänger in Feld und Wald seinen Einzug
hält, der Winter aber das Feld geräumt hat und nur noch die Berges-
spitzen besetzt hält. So erscheint auch der tapfere, aber verwundete
Krieger neben seinen Kameraden, an welchen die feindliche Kugel
glücklich vorüber flog, wenn nach der gewonnenen Schlacht der lustige
Siegesmarsch erklingt und der fliehende Feind aus der Ferne noch ver-
gebens seine Geschütze donnern läßt. — Wer unter allen Bäumen
bewahrt dem heiligen Weihnachtsfeste den grünen Strauß, wenn es
die Tanne oder Fichte nicht thäte! In den Tagen der Blüthe aber
duftet der Nadelwald und putzt sein Haus so schön, als man es eben
verlangen kann. Immergrün aller Art, die Karthäuser- und Pech-
nelke, Ginster, wohlriechende Orchis, Sauerklee, zarte Grashalmen,
Wachholdersträucher, wilder Spargel, Haidekraut, Hundsveilchen und
Sonnenröschen bedecken den Boden. Bisweilen nimmt junges Laub-
holz darauf Platz; denn die verfaulten Nadeln haben den mageren
Boden verbessert und zum Gedeihen desselben tauglich gemacht. Be-
trachtet man die Fichte, wenn die rothen Blüthen in Menge die
Zweige bedecken und der Baum in schönster Regelmäßigkeit in die Luft
hoch aufstrebt; so möchte ich einen im Walde sehen, der sich besser
auönähme. Der Nadelforst auf seinem dürftigen Boden gibt ein Bei-
spiel, daß auch ohne Ueberfluß Schönes und Großes gedeihen kann.
In der schlanken Tanne aber trifft man Wiege und Sarg vereinigt;
denn aus ihrem Holze macht der Schreiner beide.