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1. Vollständiges Lehr- und Lesebuch für die oberen Klassen katholischer Volksschulen - S. 268

1855 - Mainz : Kirchheim
268 brennen der bei Gewinnung dieser Genannten übrig bleibenden Rück- stände erhalten. In manchen Gegenden beschäftigen sich viele Leute mit Gewinnung von Produkten aus dem Safte der Nadelbäume. Von dem ausgedehnten Handel mit Nadelholz erhält man einen Begriff, wenn man die vielen grossen Flösse auf dem Rhein und Main betrachtet: Tausende von Stämmen werden jährlich auf diese Weise aus den Waldungen Süd- deutschlands nach anderen Gegenden gebracht. 13. Der Nadelwald. Mit der Schönheit des Laubwaldes kann sich der Nadelwald zwar nicht messen und muß in der Frühlings- und Sommerzeit diesem den Vorzug lassen; aber er hat auch sein Schönes, worin ihm jener nicht beikommt. Jahr aus, Jahr ein trägt er durch alle Monate dieselbe Farbe und bleibt sich gleich wie ein treuer Freund, mag die Erde sich auch ringsum verändern. Und wenn der Schnee alles Grün begräbt, so widersteht ihm der Nadelforst und rettet unter Sturm und Gestöber die Farbe des Pflanzenreiches. Wie im Wetter der Schlacht der brave Fahnenträger nicht weicht, so hält auch er das grüne Banner den an- dringenden dunkeln Schneewolken kühn entgegen und verläugnet sein Abzeichen nicht, dem Winter zum Trotz und gleichsam der Pflanzenwelt zur Ermunterung. Wohl gereicht ihm diese Beständigkeit zum Verder- den; die Schneemassen lagern sich auf sein Gezweige; unter ihrer Schwere krachen die Aeste und mancher Baum steht verstümmelt unter den verschont gebliebenen Bäumen da, wenn der wiederkehrende Früh- ling unter dem Jubelruf der Sänger in Feld und Wald seinen Einzug hält, der Winter aber das Feld geräumt hat und nur noch die Berges- spitzen besetzt hält. So erscheint auch der tapfere, aber verwundete Krieger neben seinen Kameraden, an welchen die feindliche Kugel glücklich vorüber flog, wenn nach der gewonnenen Schlacht der lustige Siegesmarsch erklingt und der fliehende Feind aus der Ferne noch ver- gebens seine Geschütze donnern läßt. — Wer unter allen Bäumen bewahrt dem heiligen Weihnachtsfeste den grünen Strauß, wenn es die Tanne oder Fichte nicht thäte! In den Tagen der Blüthe aber duftet der Nadelwald und putzt sein Haus so schön, als man es eben verlangen kann. Immergrün aller Art, die Karthäuser- und Pech- nelke, Ginster, wohlriechende Orchis, Sauerklee, zarte Grashalmen, Wachholdersträucher, wilder Spargel, Haidekraut, Hundsveilchen und Sonnenröschen bedecken den Boden. Bisweilen nimmt junges Laub- holz darauf Platz; denn die verfaulten Nadeln haben den mageren Boden verbessert und zum Gedeihen desselben tauglich gemacht. Be- trachtet man die Fichte, wenn die rothen Blüthen in Menge die Zweige bedecken und der Baum in schönster Regelmäßigkeit in die Luft hoch aufstrebt; so möchte ich einen im Walde sehen, der sich besser auönähme. Der Nadelforst auf seinem dürftigen Boden gibt ein Bei- spiel, daß auch ohne Ueberfluß Schönes und Großes gedeihen kann. In der schlanken Tanne aber trifft man Wiege und Sarg vereinigt; denn aus ihrem Holze macht der Schreiner beide.
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