1855 -
Mainz
: Kirchheim
- Autor: Hepp, J.
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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setzten, Ihren Himmel nannten sie Walhalla. — Die alten
Deutschen hatten große Tugenden und große Laster. Sie waren
wahrhaftig in ihrer Aussage, treu im Halten ihres Wortes, gast-
freundschaftlich und liebten ihr Vaterland und ihre Freiheit über
Alles. Dagegen bekümmerten sie sich gar nichts um das Haus-
wesen und den Ackerbau, die sie als entehrende Beschäftigungen
ihren Weibern und Sklaven überließen. Im Frieden lagen sie zu
Hause auf ihrer Bärenhaut (daher jetzt noch Bärenhäuter einen
Müßiggänger bezeichnet) oder überließen sich leidenschaftlich dem
Spielen und Trinken, was nicht selten zu blutigem Streit oder zum
Verlust der Freiheit führte.
Obschon die Deutschen ein großes Brudervolk ausmachten, so
zerfielen sie doch in viele Stämme, welche ihre eigenen Namen
führten. Später, besonders zur Zeit der Völkerwanderung, ver-
einigten sich einige Stämme, damit sie dem Andränge der wandern-
den Völker widerstehen konnten, und führten dann einen gemein-
schaftlichen Namen, wie z. B. die Franken, Alemannen, Sachsen,
Lothen u. a. Die bekanntesten Namen deutscher Völker sind: die
F r a n k e n und Fr ie se n (Freien), Gothen (Sorgsamen), S u ev en
(Klugen), Cherusker und Sachsen (Schwertträger), Chatten
oder Hessen (Jäger), Burgunder, Alemannen, Vandalen,
B o j e r u. s. w. Unter allen aber zeichneten sich die F r a n k e n aus,
der mächtigste deutsche Volksstamm, der sich auch bald alle übrigen
unterwarf.
Ein großer Theil von Deutschland bis über die Weser und
Elbe hin war den Römern unterworfen. Zur Zeit des Kaisers
Auguftus hatte Varus die Statthalterschaft über dieses Gebiet. Er
ging damit um, die freiheitliebenden Deutschen ganz unter das rö-
mische Joch zu beugen und hatte schon vieles römische Wesen in
deutschen Landen eingeführt, als ein kühner Jüngling Armin oder
Hermann, der Sobn eines Cheruskerfursten, seinen Unternehmun-
gen ein Ziel setzte. Armin hatte in Rom die Absicht kennen gelernt,
welche man mit seinem Vaterlande hatte; aber sein fein angelegter
Plan verjagte die Römer für immer aus Deutschland. Im In-
nern von Deutschland, an der Ems, empörten sich deutsche
Volksstämme. Varus zog nun zur Dämpfung des Aufruhrs unge-
achtet der Warnungen römischgesinnter Deutschen mit einem schönen
Heere hin und kam nach vielen Anstrengungen in den Teutobur-
ger Wald. Da drangen die Deutschen von allen Seiten auf die
durch die weite Reise und unaufhörlichen Regengüsse erschöpften
Römer ein und schlugen sie vollständig. Varus stürzte sich aus
Verzweiflung in sein Schwert. Großen Schrecken verbreitete die
Nachricht von dieser Niederlage in Nom; der Kaiser rief zu wieder-
holten Malen verzweifelnd aus:' „Varus, Varus, gib mir meine
Legionen wieder!"