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1. Der katholische Volksschüler in der Oberklasse - S. 83

1861 - Stuttgart : Hallberger
83 zur Uebergabe auf. Alle seine Vorschläge wurden jedoch von dm Empörern abgewiesen; sie machten einen Ausfall, und es gelang ihnen sogar einen Theil der Belagerungsmaschinen zu zerstören. Da aber alle Zufuhr abgeschnitten war, stieg die Hungersnoth auf's Höchste. Hatte Jemand noch ein wenig Mehl ausgespart, so konnte er es nur in einem verborgenen Winkel verzehren, denn man mor- dete den Besitzer eines Bissen Brodes, um dasselbe zu erhalten, und kaum hatte es der Mörder an sich gerissen, so wurde er gerade des- halb wieder von einem Andern erschlagen. Viele, die vor Noth und Elend wie Schatten umher schlichen, stürzten plötzlich auf den Stra- ßen todt zusammen. Es floß keine Thräne mehr; der Jammer schien sie vertrocknet und alles Menschengefühl ausgetilgt zu haben; ja es kam sogar vor, daß eine Mutter ihr Kind kochte und es ver- zehrte. Titus hob klagend seine Hände zum Himmel und ries Gott zum Zeugen an, daß er an solchen Gräueln keine Schuld trage. Wer fliehen konnte floh; Manche kamen in das Lager der Römer; man reichte ihnen Speise, allein sobald sie davon genossen hatten, starben sie. Titus schonte die Wehrlosen; wer aber bewaffnet den Römern in die Hände fiel, wurde gekreuzigt, und es mögen in diesen Tagen wohl manche am Kreuze gemartert worden seyn, die einst vor Pilatus gerufen hatten: „Kreuzige ihn! Kreuzige ihn!" Jetzt, ließ Titus die Festung Antonia stürmen und drang bis zum Tempel vor, wo sich die Juden mit der hartnäckigsten Tapfer- keit vertheidigten. Noch einmal bot ihnen Titus freien Abzug an, wenn sie ihm den Tempel, den er so gerne erhalten wollte, über- geben würden; allein alle Vorschläge wurden verworfen. Nun wur- den Sturmleitern angelegt und Feuerbrände auf die Thore geworfen. Bald brannten die hölzernen Thüren, die Gallerten, die Gemächer der Priester, und schon bedrohte die Flamme den Tempel selbst. Titus wollte denselben retten und befahl zu löschen; allein während des Löschens fielen die Juden über die Römer her und erschlugen so viele, als sie konnten. Ergrimmt darüber ergriff ein römischer Soldat einen Feuerbrand und warf ihn in das Innere des Tem- pels; bald brannte Alles lichterloh, und es war an kein Löschen mehr zu denken. — Als nun die Juden den Tempel der Wuth der Feinde und des Feuers preisgegeben sahen; als die Flammen die heilige Stätte verzehrten, wo der Herr gewohnt: — da ergriff sie Alle die Verzweiflung; aller Muth entsank den gebrochenen Herzen; ihr Klagen und Jammern hörte man von den Bergen widerhallen, das brechende Auge der Sterbenden heftete sich noch sehnsuchtsvoll nach den Ruinen des Tempels, in welchen auf ewig das Glück ihres Volkes begraben lag. So war nun auf eine schreckliche Weise erfüllt, was der Herr geweiffygt hatte: „Kein Stein wird auf dem andern bleiben." Ueber eine Million Juden hatten
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