1861 -
Stuttgart
: Hallberger
- Autor: Reiser, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch, Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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seien. Dies durchschnitt ihm das Herz; es waren ja diejenigen, die
er in seiner Jugend schon dem Herrn zugeführt hatte; diese konnte
er unmöglich verloren geben. Der 85jährige Greis griff also nach
dem Wanderstabe. „Der Tag meiner Wanderschaft ist nahe,"
sprach er zu ejnem seiner Schüler; „ich habe diesen Gang gewünscht,
und Nichts kann mich davon abhalten; darum laß Alles in Bereit-
schaft setzen und packe zu meinen Büchern das Todtentuch, welches
meinen allen Leib bedecken soll." Daraus zog er mit zehn Gefähr-
ten den Fluß hinab gegen Utrecht und predigte das Wort des leben-
digen Gottes. Noch hatte seine Stimme die alte Kraft und bald
waren mehrere Tausende für das Reich Gottes gewonnen. Da
kam der fünfte Iunius des Jahres 755. Bonifaeius stand eben
im Begriffe das heilige Opfer darzubringen, als eine Schaar be-
waffneter Friesen gegen die Zelte der Christen losstürmte, die sich
schnell zur Vertheidigung rüsteten. Da trat der Heilige mit seiner
Geistlichkeit vor sie hin, und ries: „Kinder! lasset ab vom Kampfe
und gedenket, daß das Wort Gottes uns gebietet, Böses mit Gutem
zu vergelten. Dieser Tag ist es, wonach ich mich schon lange ge-
sehnt habe, -und jetzt ist die Stunde unserer Befreiung gekommen."
Zu seinen geistlichen Gefährten sprach er: „Brüder! seid standhaft
und fürchtet nicht jene, die Nichts über die Seele vermögen, sondern
freuet euch in Gott und in Christo, der euch bei den Engeln Woh-
nungen bereitet. Beklaget nicht die eitlen Freuden dieser Welt, son-
dern vollendet ruhig den kurzen Gang des Todes, der euch in das
ewige Königreich einführt." — Ruhig erwartete er mit den Seini-
gen die wüthenden Heiden, und verklärten Angesichts empfieng er den
Todesstreich.
So hatte der Heilige die Marterkrone erhalten, die er längst
ersehnt hatte. An seinem Grabe trauerte die Kirche über den Tod
ihres treuesten Sohnes, und die Bekehrten weinten wie Kinder um
ihren liebsten Vater. Jetzt erhebt sich ein Denkmal auf der Stelle,
wo er seinen Tod fand, ein Zeugniß, daß noch nach tausend Jahren
die Enkel erkennen, was der Heilige den Vätern gethan. Die Saat
aber, die er gesäet, keimte und wuchs zum Segen und Heil der
Völker für alle kommenden Geschlechter.
33. Das Frankenreich.
Das fränkische Reich war bis zum Anfang des achten
Jahrhunderts sehr mächtig geworden. Es war dieses^ jedoch nicht
das Verdienst der Regenten selbst, von welchen besonders Childerich Iii.
als sehr schwach und geistesarm geschildert wird; es war vielmehr
die Kraft und Einsicht ihrer Hausmcier oder Minister, wodurch
das Reich sich auf eine so hohe Stufe der Macht und des Ansehens