1861 -
Stuttgart
: Hallberger
- Autor: Reiser, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch, Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Kaiser; wie Karl der Große, den er sich zum Vorbild gewählt
hatte, wollte er mit voller Macht gebieten und an der Spitze der
ganzen Christenheit stehen, wobei er jedoch übersah, daß seine Zeit
eine andere geworden war.
Die italienischen Städte, besonders Mailand, waren sehr reich
und mächtig geworden, hatten nach und nach alle Rechte und Ein-
künfte des Kaisers an sich gerissen und benahmen sich als freie
Staaten, denen weder Kaiser noch Reich Etwas zu sagen hätten.
Friedrich war entschlossen, sie um jeden Preis zum Gehorsam zu
bringen und das kaiserliche Ansehen wieder herzustellen, was nur
nach schweren Kämpfen gelang, und wobei er oft in große Bedräng-
niß, ja selbst in Lebensgefahr gerieth, aus welcher er nur durch die
edelmüthigste Aufopferung eines seiner Begleiter gerettet wurde, wie
wir aus nachfolgender Erzählung entnehmen.
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43. Treue gegen den Fürsten.
Der Kaiser Barbarossa
Zog hin in’s welsche Land,
Wo er statt Sieg und Ehre
Nur Leid und Unglück fand.
Da rief ein Ritter stehend
Und kniete hin vor ihn :
„Herr Kaiser, eine Gnade,
„Die werde mir verlieb n."
Bei Susa stehet einsam
Ein abgeleg’nes, Haus,
Es ruhet dort der Kaiser
Von seinen Nöthen aus.
„„Mein Reich/“1 sprach Barbarossa,
„„Das wird ein Grab bald seyn,
„ „Drum will ich gern gewähren,
„„Kann ich noch was verleih’n.“ "
Ach, wehe! Barbarossa,
Wer wies dir diesen Pfad?
Das Haus ist rings umstellet
Von Mördern und Verrath.
Es sprach der Wirth voll Reue:
„Wie ist es mir so leid!
„Ich wollte gern dich retten;
„Doch nun ist’s nicht mehr Zeit!"
„Das grösste,“ sprach der Ritter,
„Hast, Kaiser, du gewährt;
„Für dich den Tod zu leiden,
„Das ist’s, was ich begehrt."
Des Kaisers Purpurmantel
Hat er d rauf umgethan,
Und legte dann ihm selber
Des Dieners Kleider an.
Da sprach der Kaiser zornig:
„Verderben diesem Ort,
„Wo fallen soll ein Kaiser
„Durch feigen Meuchelmord.
„Gott schütz’ die deutsche Krone,
„Gott schütz’ die Seele mein !
„Und muss ich heute sterben,
„So soll’s in Ehren seyn.“
Der Kaiser gieng von danneh,
Den Wächtern rief er zu :
„Bin Barbarossa s Diener;
„Lasst ziehen mich in Ruh.“
„Die Herberg zu bereiten
„Ward ich vorausgesandt,
„Sein Nahen soll ich künden
„Daheim im Vaterland.“