1861 -
Stuttgart
: Hallberger
- Autor: Reiser, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch, Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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fürsten und das Vaterland. Das bewiesen die treuen Tyroler be-
sonders damals, als Napoleon Oesterreich besiegt hatte und Tyrol
an Bayern verschenkte. Die biedern Tyrolerherzen konnten vom
alten Kaiserhause nicht lassen, und als 1809 die Franzosen in's Land
kamen, versammelte Andreas Hofer, der Sandwirth im Passeyerthale,
seine Landsleute um sich und wollte die Feinde vertreiben und das
Vaterland seinem angestammten Fürsten erhalten. Er mußte sedoch
der Uebermacht erliegen und verbarg sich in einer einsamen Senn-
hütte, wurde aber den Franzosen verrathen, von diesen gefangen ge-
nommen und nach Mantua in Italien abgeführt, wo der edle
Mann am 20. Februar 1810 erschossen wurde.
Hofer's Tod.
Zu Mantua in Banden
Der treue Hofer war,
In Mantua zum Tode
Führt ihn der Feinde Schaar;
Es blutete der Brüder Herz,
Ganz Deutschland, ach, in Schmach
» und Schmerz,
Mit ihm das Land Tyrol.
Die Hände auf dem Rücken
Andreas Hofer gieng,
Mit ruhig festen Schritten,
Ihm schien der Tod gering;
Der Tod, den er so manches Mal
Vom Jselberg geschickt in's Thal
Im heil'gen Land Tyrol.
Doch als aus Kerkergittern
Im festen Mantua
Die treuen Waffenbrüder
Die Hand' er strecken sah,
Da rief er aus: „Gott sei mit
euch,
Mit dem verrathenen deutschen Reich
Und mit dem Land Tyrol!"
Dem Tambour will der Wirbel
Nicht unterm Schlägel vor,
Als nun Andreas Hofer
Schritt durch das finst're Thor.
Andreas, noch in Banden frei,
Dort stand er fest auf der Bastei,
Der Mann vom Land Tyrol.
Dort soll er niederknieen:
Er sprach: „Das thu' ich nit;
Will sterben, wie ich stehe,
Will sterben, wie ich stritt,
So wie ich steh' auf dieser Schanz'.
Es leb' mein guter Kaiser Franz,
Mit ihm sein Land Tyrol!"
Und von der Hand die Binde
Nimmt ihm der Korporal;
Andreas Hofer betet
Allhier zum letzten Mal.
Dann ruft er: „Nun, so trefft mich
recht!
Gebt Feuer! — Ach, wie schießt ihr
schlecht!
Ade, mein Land Tyrol!"
^ Die Abgeschlossenheit ihrer Thäler hat dazu beigetragen, den
Tyrolern Sprache, Sitten und heitern Sinn zu bewahren. Singen,
Pfeifen, Musik, Kampfspiele und Tanz gehören zu ihren vorzüglich-
sten Belustigungen. Bei jeder Arbeit pflegt der stets muntere und
fröhliche Tyroler zu singen und zu pfeifen; bei dem mindesten An-