1842 -
Oldenburg/Holstein
: Fränckel
- Autor: Detlefs, Heinrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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derselbe so verhaßt, daß er aus dem Lande fliehen mußte, und daß aus ihn,
nachdem sein Vater von den Schleswigcr Bürgern ermordet war, bei der neuen
Besetzung des Thrones keine Rücksicht genommen, sondern Erich Einund, ein
Bruder Knud Lawards, erwählt wurde. Während der wenigen Jahre seiner
Regierung machte sich Erich durch Grausamkeit und Stolz bei seinen Untertha-
nen so verhaßt, daß ein jütländischer Edelmann cs wagen durste, ihn auf
öffentlichem Reichstage zu erstechen. Erich L a m, ein schwacher, weichlicher und
einfältiger Prinz, bestieg einstweilen den Thron, den er verwalten sollte, bis
Waldemar, ein Sohn Knud Lawards, herangewachsen wäre; er regierte 10.
Jahre, legte beim Herannahen seines Todes die Regierung nieder, ließ sich als
Mönch einkleiden und starb (1147).
Obgleich schon bei der vorigen Königswahl aufwaldemar Rücksicht genom-
men war, so dachte doch jetzt niemand an,ihn; es wurden vielmehr von zwei
verschiedenen Partheicn zwei andere zu Königen ausgerufen, nämlich Knud
Magnussen und Swend Grathc, welche augenblicklich den unglückseligen
Krieg um die Regierung begannen. Waldemar hielt cs mit dem letzteren, lei-
stete ihm wichtige Dienste, und bekam dadurch das Herzogthum Schleswig zu
Lehn, so daß er jetzt als der dritte Mitbewerber um die Regierung angesehen
werden konnte. Dieses Verhältniß dauerte bis zum Jahre 1157; da brachte
es der deutsche Kaiser dahin, daß da- Reich friedlich unter Knud, Swend und
Waldemar getheilt wurde. Aber Swend vermochte niemanden neben sich zu
dulden; hinterlistig lud er seine Mitrcgenten zu einem Gastmahle nach Rocs-
kildc ein; stürzte, als alle Gäste munter waren, mit gedungenen Mördern hin-
ein, und sing daö Blutbad an. Knud kam ums Leben, aber Waldemar sprang
auf, löschte die Lichter aus, kämpfte sich durch, und entrann nach Jütland, wo
er auf dem Reichstage bei Wiborg Aller Mitleiden erregte, und ein Heer zu-
sammen brachte. Swend setzte ihm nach, erlitt aber eine vollständige Nieder-
lage, und wurde auf der Flucht von einem jütländischen Bauern ermordet.
So gelangte Waldemar zur alleinigen Regierung, und Schleswig ward wieder
mit Dänemark vereinigt. Waldemar war ein tapferer Feldherr, und fast in
allen feinen Kriegen glücklich Theils zur Belohnung für geleistete Dienste,
theils um in ihm eine Schutzwehr gegen die Empörungen der Bürger und
Bauern zu haben, verlieh er dem Adelstände große Vorrechte, befreite ihn von
allen Abgaben und Lasten, und gab ihm weitläustigc Ländereien zu Lehn. Unter
Waldemar wurde das Dannrwerk wieder ausgebessert und verschiedene Städte
entstanden und erhoben sich unter seiner Regierung. Rach ihm wurde sein Sohn,
Knud Vi., König von Dänemark (118-0, und regierte 20 Jahre. Ihm
folgte sein Bruder, Waldemar Ii., der wegen seiner vielen Schlachten und
Siege, den Beinamen: „der Sieger" führte. Im Jahre 1218 machte er
einen Kriegszug gegen die heidnischen Licfländer und Preußen, der so
wohl ablief, daß er Licfland und Preußen eroberte. Jetzt besaß er außer Dä-
nemark auch Schleswig, Holstein, Lübeck und Hamburg, Mecklenburg, Pom-
mern und Preußen. — Aber ein Augenblick stürzte ihn von seiner Größe her-
unter. Der Graf von Schwerin, welchem er zwei Schlösser geschleift hatte,
wußte sich bei ihm einzuschmeicheln, nahm ihn, als er einst mit seinem Sohne
auf einer kleinen Insel, nahe bei Fühncn, in einem Zelte schlief gefangen, und
führte ihn nach Mecklenburg hinüber. Drei Jahre mußte er hier in einem
Thurme zubringen, dann erhielt er für ein hohes Löscgcld seine Freiheit wieder,
mußte aber zuvor versprechen, sich nicht an seinen Feinden rächen zu wollen. —
Während seiner Gefangenschaft waren fast alle seine eroberten Länder von ihm
abgefallen, und alle Bemühungen, dieselben wieder unter seine Gewalt zu brin-
gen, waren vergeblich. Unter seiner Regierung entstand im Jahre,1240
zu Wordingborg das noch jetzt in Schleswig geltende Jütschc Gesetz, wel-
ches von allen Kennern für ein Meisterstück der Gesetzgebung gehalten wird