1833 -
Halle
: Schwetschke
- Autor: Blanc, Ludwig Gottfried
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Deutschland, Italien, Griechenland
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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A) Europa.
versität zu Prag, Johann Huß, geb. 1373 ch 1415, eine ketze-
rische -Lehre verbreite. Und allerdings hatte er mit Geist und Kraft
die Anmaßungen der Päpste und die Mißbräuche in der Lehre und
dem Gottesdienste der Kirche freimüthig gerügt, wie dies aber auch
viele Andre zur nemlicken Zeit gethan. Zu gleicher Zeit aber hatte
er durch Vorliebe für sein Vaterland die in Prag ftudirenden Deut-
schen beleidigt, und dieser Nationalhaß mehr als seine Meinungen
war es, welcher ihn ins Verderben führte. Als nun aber vollends
einer seiner Freunde, Jakob v. Mies, auf die Wiedereinführung
des Kelches beim Abendmahl auch für die Laien drang und vielen
Anhang fand (die Calixtiner), so ward Johann Huß zur Ver-
antwortung nach Coftnitz unter kaiserlichem sichern Geleite geladen.
Er erschien, so muthig, aber nicht so glücklich, als später Luther
zu Worms, und ward nach einer fruchtlosen Vertheidigung und
langem harten Gefängniß am 6. July 1415 verbrannt und seine
Asche in den Rhein gestreut. Ein gleiches Schicksal traf seinen
gelehrten, aber heftigern Freund Hieronymus von Prag, welcher
um ihn zu retten nach Coftnitz gekommen war, dort aber, nachdem
er lange in einem dunkeln Kerker geschmachtet und von der Qual
überwunden seine Meinungen abgeschworen, aber bei bald wieder-
erwachtem Muthe diese Schwachheit öffentlich bereut und zurück-
genommen, am 30 Mai 1416 ebenfalls verbrannt wurde. Beide
Märtyrer der Wahrheit starben mit einer Freudigkeit und einem
Muthe, welche selbst die Bewunderung ihrer Freinde erzwang.
Furchtbar war die Rache der Böhmen, die sich nach ihrem gelieb-
ten Huß nun Hussiten nannten. Unter der Anführung des mil-
dern, nur leider zu bald gestorbenen Nikolaus von Hussinecz
und des furchtbar wilden Ziska, wurden nicht allein unzählige
Kirchen und Klöster verwüstet, (der schwache Wenzel starb vor
Schreck beim Beginn dieser Unruhen 1419), sondern auch die
Heere Sigismunds, welcher die Krone behaupten wollte, und
später die Heere der zum Kreuzzuge gegen die Hussiten aufgebote-
nen Deutschen überall geschlagen; und mit unmenschlicher Grau-
samkeit verwüsteten Ziska und sein Nachfolger Procopius der
Ge sch orne, (weil er Geistlicher gewesen) die angränzenden Län-
der, besonders Sachsen, die Lausitz und Schlesien. Als aber die
Hussiten unter sich selbst uneins geworden sich in Calixtiner,
die milderen, welche nur den Gebrauch des Kelches verlangten,
und Taboriten, von der von ihnen angelegten Festung Tabor
so genannt, die wilderen und grausameren, theilten, da gelang
es endlich der Baseler Kirchenversammlung, 1431 — 48, gegen
Gestattung des Kelches die Calixtiner zu gewinnen. Es kam 1433
zu einem Vergleiche, die Prager Compáctate», welche auch
Sigismund beschwor, doch wenig hielt, und ohne zum ru-
higen Besitz Böhmens gelangen zu können, 1437 starb; mit
ihm war das luxemburgische Haus ausgestorben und die deut-