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1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 6

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
6 I. Erzählungen. heit und dem sonderbaren Begehren des Fremdlings; der Meister erhob bei ihrer Rede erstaunt und unwillig sein Haupt, denn das Roß, das geschlachtet werden sollte, war wegen seiner Schönheit und Schnelligkeit allgemein bekannt, und wie ein Wunderthier durch viele Sagen be- rühmt, wie es seinen Meister oft aus den größten Gefahren gerettet habe. Nach einigem Sinnen aber sprach der Großmeister mit milder Stimme: „Ein Mensch ist mehr werth als tausend Rosse; bringt es dem Kranken und thut damit, was er verlangt, auf daß er genese." Und die Diener führten das edle Thier in den großen Saal, wo die Kranken lagen, vor das Bett des Armen. Einer trug einen großen Block, ein Anderer hatte ein scharfes Beil, ein Dritter einen schweren Hammer; und als sie sich näher- ten, erhob der Kranke sein Haupt, und seine Augen leuchteten vor Freude. Der Block wurde zurecht gestellt. „Welchen Fuß verlangst du?" — „Den rechten Vorderfuß." — Und der Fuß des Thieres wurde auf den Block ausgestreckt, das scharfe Beil darauf gelegt, und schon er- hob der Tritte den schweren Hammer, da rief der Kranke plötzlich: „Halt! Ich habe nun ein anderes Verlangen. Gebt 2. Der Wagnermi Ein kaiserlicher Feldoberst, der zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts mit spanischen Völkern im Württembergischen lag, erhielt den Befehl, sich der Stadt Constanz zu bemächtigen, so gut es gehen wolle. Dieser fing sein Unternehmen mit List an. Zwei Lanzenknechte, die unter den Spaniern der deutschen Sprache mächtig waren, schlichen sich einzeln in Constanz ein. Auf der Gasse treffen sie sich, wie zufällig. Der eine packt den andem wegen einer alten Schuldsumme an, der widerspricht, und durch das Volk, welches zusammenläuft, werden beide vor den Richter gebracht. Hier aber wissen die schlauen Kameraden ihren Streit so einzu- fädeln, daß der Richter seinen Spruch bis zu der Herbeibringung der Beweise vertagt. Unterdeffen nahmen die Kundschafter die Gelegenheit wahr, die Lage und Stärke mir Hammelfleisch zu essen, denn ich habe großen Hunger." Man führte das Roß zum Meister zurück und brachte dem Kranken, was er begehrte; der aß mit großer Begier, und nach zwei Tagen dankte er den Brüdern für die ihm be- wiesene Liebe und verließ das Hospital genesen, wie es schien, von seinem Wahne und seiner Schwäche. Kurze Zeit darauf brachte ein Bote folgendes Schreiben: „Im Namen Gottes, des Allbarm- herzigen, Allgütigen. Saladin an die Ritter des Hospitals! Wisset, ich war bei Euch, um Euch zu versuchen, und ich habe Euch als wahr erprobt, als Söhne dessen, der da Alles geschaffen hat und erhält; Ihr übt Barm- herzigkeit und Liebe nach dem Beispiele und der Lehre Eures Meisters, den auch ich ehre. Darum bestimme ich, daß fort- an, so lange ich weile unter den Leben- den, an Euer Spital alljährlich tausend Goldstücke bezahlt werden, damit Ihr die Armen und Kranken beherberget, kleidet und tränket und gesund machet. Diese Summe soll Euch stets am Feste Jo- hannes des Täufers, Eures Schutzherrn, zukommen und der Krieg soll daran nichts ändern. Allah sei gelobt!" ster von Constanz. der Stadtmauer und was sonst zur Be- festigung gehörte, genugsam auszuspüren. Besonders richteten sie ihr Augenmerk auf die Rheinbrücke. Durch diese war nämlich die Stadt mit ihrem Vorstädt- lein Petershausen auf dem rechten Strom- ufer verbunden und sie schien ihnen der beste Weg, wo man eindringen mußte. Das schwere Fallgatter aber in dem Thurm, welcher den Eingang von der Brücke in die Stadt deckt, hatten die zwei unbeachteten Strolche unbrauchbar zu machen gewußt. Auf einmal waren sie verschwunden, aber Niemand kümmerte sich darum. Da geschah es bald darauf eines Montags früh, als gerade die Bürger ein besonderes Fest feierten und die meisten Leute in der Kirche waren, daß die Spa- nier unbemerkt an die jenseitige Vorstadt
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