1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
13. Der seltsame Auftrag.
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„Von dem Regiments Treskow ergibt
sich Niemand!" rief Kleist und ließ sein
Auge forschend über seine Kameraden
schweifen. Keiner widersprach ihm.
„Es wäre eine Thorheit, wenn Sie
sich noch widersetzen wollten," erwiderte
der Franzose. „In einer Viertelstunde
sind Sie alle, todt oder lebendig, sammt
Ihren Fahnen in unsern Händen!" Und
er zeigte auf die Fahnen, welche die
beiden Jünglinge in den Händen hielten.
„Wir in Euren Händen!" riefen beide
zugleich. „Nie — Nie! Diese Fahnen
sollen nicht von Euch beschmutzt und ent-
ehrt werden! Uns sind sie anvertraut,
und wir werden sie vor Schmach be-
wahren!"
Sie rissen die Fahnen von den
Stöcken und wickelten sich dieselben um
den Leib.
„Was habt Ihr vor?" rief der Oberst,
erschreckt auf sie zutretend und ahnend,
was sie im Sinne hatten.
„Wir wollen unsere Fahnen vor
Schmach und Schande retten!" rief Kleist,
und seine Wangen glühten vor Todes-
begeisterung. „Kameraden!" rief er sei-
nen Gefährten zu, „der Feind soll sich
nicht rühmen, daß er uns besiegt habe.
Rettet die Ehre unseres Regiments und
— Eure eigene. Wir zeigen Euch den
Weg! Uns nach, wem seine Ehre höher
gilt als das Leben!"
Er hatte die Hand seines Kameraden
Platen erfaßt. Einen Augenblick zögerte
dieser, dann faßte auch er Kleist's Hand
und ehe die Umstehenden ahnten, was
sie vor halten, stürzten sie sich von dem
Rande des hohen Ufers in die Fluchen
der Saale. Das Wasser rauschte hoch
auf und schloß sich über den beiden Hel-
denjünglingen. Noch einmal tauchten sie
empor und winkten sterbend ihren Ka-
meraden, ihnen zu folgen.
Erschreckt, starr hatten sich die Augen
Aller auf die niedersinkenden Jünglinge
gerichtet. Keiner wagte zu sprechen. Schon
13. Der selt
K o s c i u s z k o, der letzte Oberfeldherr
der polnischen Republik, hatte einst sei-
nen Einzug in Warschau gehalten, und
führte der Strom ihre Leichname der
Mühle zu.
Da faßte sich der Oberst zuerst wieder.
„Sie haben uns den Weg gezeigt,"
rief er laut, und seine Stimme bebte
nicht. „Mir nach, wem Tod und Ehre lie-
der ist, als schmachvolle Gefangenschaft!"
Auch er stürzte sich von dem Ufer
herab in die Wogen und gegen achtzig
seiner braven Krieger folgten ihm. Kei-
ner von Allen erreichte das jenseitige
Ufer. Der Feind war Zeuge dieser to-
desmuthigen Thaten gewesen und einen
Augenblick lang hatten seine Geschütze
geschwiegen. Aufs Neue wurden sie auf
den letzten Rest der tapfern Schaar ge-
richtet. Ein Theil derselben zog sich auf
die Papiermühle zurück und suchte auf
dem Boden derselben Rettung zu finden.
Doch auch hierhin folgte ihnen der Feind
in vielfach überlegener Zahl. Ein neuer
erbitterter Kampf entspann sich; er en-
dete damit, daß die tapfern Preußen
dem Beispiele ihrer Kameraden folgten.
Einer nach dem andern sprang von dem
Boden in die unten vorüberrauschende
Saale. Alle fanden in ihr das Grab.
Die Franzosen hatten die Tapfern
noch im Wasser zu erschießen versucht.
Sie waren die Sieger; aber sie ahnten,
was ihr Loos gewesen sein würde, wenn
die Preußen ihnen an Zahl gleich ge-
wesen wären.
Die Räder der Papiermühle standen
still. Niemand achtete in diesem Augen-
blicke darauf. Als aber die Franzosen
sich auf Halle zurückgezogen hatten, und
der Besitzer der Mühle wieder nach sei-
nem Eigenthum schaute, da bemerkte er,
daß es eine Anzahl Leichen war, welche
sich gegen die Räder angestemmt hatten.
Er zog sie heraus, und unter ihnen be-
fanden sich zwei jugendliche Gestalten,
die Trümmer zweier Fahnen um den
Leib gehüllt: das waren die beiden Fah-
nenjunker von Kleist und von Platen
von dem Negimente Treskow.
:me Auftrag.
man begrüßte ihn als den „Retter des
Vaterlandes". Der hochherzige Mann
war alsbald umringt von vielen Armen