Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 21

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
13. Der seltsame Auftrag. 21 „Von dem Regiments Treskow ergibt sich Niemand!" rief Kleist und ließ sein Auge forschend über seine Kameraden schweifen. Keiner widersprach ihm. „Es wäre eine Thorheit, wenn Sie sich noch widersetzen wollten," erwiderte der Franzose. „In einer Viertelstunde sind Sie alle, todt oder lebendig, sammt Ihren Fahnen in unsern Händen!" Und er zeigte auf die Fahnen, welche die beiden Jünglinge in den Händen hielten. „Wir in Euren Händen!" riefen beide zugleich. „Nie — Nie! Diese Fahnen sollen nicht von Euch beschmutzt und ent- ehrt werden! Uns sind sie anvertraut, und wir werden sie vor Schmach be- wahren!" Sie rissen die Fahnen von den Stöcken und wickelten sich dieselben um den Leib. „Was habt Ihr vor?" rief der Oberst, erschreckt auf sie zutretend und ahnend, was sie im Sinne hatten. „Wir wollen unsere Fahnen vor Schmach und Schande retten!" rief Kleist, und seine Wangen glühten vor Todes- begeisterung. „Kameraden!" rief er sei- nen Gefährten zu, „der Feind soll sich nicht rühmen, daß er uns besiegt habe. Rettet die Ehre unseres Regiments und — Eure eigene. Wir zeigen Euch den Weg! Uns nach, wem seine Ehre höher gilt als das Leben!" Er hatte die Hand seines Kameraden Platen erfaßt. Einen Augenblick zögerte dieser, dann faßte auch er Kleist's Hand und ehe die Umstehenden ahnten, was sie vor halten, stürzten sie sich von dem Rande des hohen Ufers in die Fluchen der Saale. Das Wasser rauschte hoch auf und schloß sich über den beiden Hel- denjünglingen. Noch einmal tauchten sie empor und winkten sterbend ihren Ka- meraden, ihnen zu folgen. Erschreckt, starr hatten sich die Augen Aller auf die niedersinkenden Jünglinge gerichtet. Keiner wagte zu sprechen. Schon 13. Der selt K o s c i u s z k o, der letzte Oberfeldherr der polnischen Republik, hatte einst sei- nen Einzug in Warschau gehalten, und führte der Strom ihre Leichname der Mühle zu. Da faßte sich der Oberst zuerst wieder. „Sie haben uns den Weg gezeigt," rief er laut, und seine Stimme bebte nicht. „Mir nach, wem Tod und Ehre lie- der ist, als schmachvolle Gefangenschaft!" Auch er stürzte sich von dem Ufer herab in die Wogen und gegen achtzig seiner braven Krieger folgten ihm. Kei- ner von Allen erreichte das jenseitige Ufer. Der Feind war Zeuge dieser to- desmuthigen Thaten gewesen und einen Augenblick lang hatten seine Geschütze geschwiegen. Aufs Neue wurden sie auf den letzten Rest der tapfern Schaar ge- richtet. Ein Theil derselben zog sich auf die Papiermühle zurück und suchte auf dem Boden derselben Rettung zu finden. Doch auch hierhin folgte ihnen der Feind in vielfach überlegener Zahl. Ein neuer erbitterter Kampf entspann sich; er en- dete damit, daß die tapfern Preußen dem Beispiele ihrer Kameraden folgten. Einer nach dem andern sprang von dem Boden in die unten vorüberrauschende Saale. Alle fanden in ihr das Grab. Die Franzosen hatten die Tapfern noch im Wasser zu erschießen versucht. Sie waren die Sieger; aber sie ahnten, was ihr Loos gewesen sein würde, wenn die Preußen ihnen an Zahl gleich ge- wesen wären. Die Räder der Papiermühle standen still. Niemand achtete in diesem Augen- blicke darauf. Als aber die Franzosen sich auf Halle zurückgezogen hatten, und der Besitzer der Mühle wieder nach sei- nem Eigenthum schaute, da bemerkte er, daß es eine Anzahl Leichen war, welche sich gegen die Räder angestemmt hatten. Er zog sie heraus, und unter ihnen be- fanden sich zwei jugendliche Gestalten, die Trümmer zweier Fahnen um den Leib gehüllt: das waren die beiden Fah- nenjunker von Kleist und von Platen von dem Negimente Treskow. :me Auftrag. man begrüßte ihn als den „Retter des Vaterlandes". Der hochherzige Mann war alsbald umringt von vielen Armen
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer