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1. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 57

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
43. Bayerns Land und Volk. 57 seinen saftigen Almen, seinen klaren See'n und seinen schäumenden Rinnen und Bergflüssen; — hier breitet sich eine große, von mächtigen Wasseradern durch- furchte Hochfläche aus, auf welcher an- muthige, waldbewachsene Höhenzüge mit ausgedehnten Ebenen abwechseln, letztere, wenn auch hie und da Sumpflandschaften, Haideflächen, magere Triften und ärm- Uche Kiefernbestände zeigend, meist frucht- bares Getreideland mit unabsehbaren Weizenfluren, oder fetter Wiesengrund, dann und wann unterbrochen durch dunkel- gefärbte Waldstrecken. Dort wieder steigen aus der Ebene allgemach die vielfach verzweigten Höhen des Mittelgebirges auf, bekleidet hier mit dem dunklern Ge- wände der Nadelholz-, dort mit den Hellern der Laubholzwaldungen. — Hier rankt sich in sorgsam gepflegten Anpflan- zungen an einem Walde schlanker Stangen die würzige Hopfenstaude empor, und dort, wo die Sonne ihre Strahlen glühen- der zur Erde sendet, schmücken blühende Obsthaine die Thalgründe und üppige Rebgelände die Höhen. Wenn die alten Deutschen meinten, das Land sei glücklich zu preisen, in dem folgende fünf W gefunden würden: Wald, Wiese, Wasser, Wein und Weizen, dann darf man Bayern ge- wiß ein gesegnetes Land nennen, denn an alledem fehlt es bei uns nicht, und wir können daher gewiß mit Zufrieden- heit auf unser Heimatland blicken. Sind auch nicht alle Gegenden Bayerns gleich freigebig von der Natur bevorzugt, so stiefmütterlich ist doch auch keine bedacht, daß sie ihren Bewohnern nicht wenigstens den nöthigsten Lebensbedarf darböte. Weit- aus die Mehrzahl der Einwohner Bayerns erfreut sich eines — anderwärts nicht eben häufigen — Wohlstandes und Lebensge- nusses. Die Behäbigkeit des altbayerischen Bauern ist sprichwörtlich geworden; und doch ist es eine Frage, ob der Hopfen- bauer Mittelfrankens oder der Weinberg- besitzer auf der Hardt sich in einen Tausch mit ihm einließen. Bei den Berg- und Waldbewohnern finden wir allerdings selten ein so ergiebiges Besitzthum; allein dafür ist ihnen eine andere Gabe zu Theil geworden, köstlicher wahrlich als Reichthum an Gut und Geld: ein hei- terer freier Sinn, Genügsamkeit und Zu- friedenheit; und das Volk der Berge fühlt sich daher, trotz äußerer Armuth, meist glücklicher und wohler, als das Volk der Ebene. An Quellen ausreichenden Erwerbs mangelt es aber auch den Ge- birgsbewohnern nicht. Wo der Wald deren eigen Gut ist, wirft er kaum ge- ringeres Erträgniß ab, als Wiese und Ackerland. Meist freilich sind die Wal- dungen im Besitze des Staates, der Stiftungen oder Gemeinden. Dann sucht der Wäldler seinen und der Seinen Un- terhalt durch Holzhauen, Kohlenbrennen, Theer- und Pechgewinnung, Einsammeln von Beeren, Arzneikräutern u. dgl. Arm an Vegetation sind nur wenige Strecken in Bayern; allenthalben lohnen reiche und manchfache Erzeugnisse die Pflege und den Anbau des Bodens. Des großen Getreidereichthums, des Hopfen-, Wein- und Obstbaues, sowie der Er- trägnisse der Waldungen ist schon ge- dacht worden. Außerdem erzielt Bayern in einzelnen Gegenden, je nach Klima und Bodenbeschaffenheit: Tabak, beson- ders in der Pfalz, Oelpflanzen, Flachs und Hanf, Gemüse, Meerrettig, Süß- holz, Färbepflanzen. Wohl hat auch der Maulbeerbaum nennenswerthe Verbrei- tung gewonnen, aber ohne daß dadurch die Seidenzucht wesentlich gefördert wor- den wäre. In den sonnigen Lagen der Hardt reifen selbst süße Kastanien und Mandeln. Dieser Manchfaltigkeit des Pflan- zenwuchses stellt sich der Reichthum der Thierwelt würdig zur Seite. Die reißen- den Thiere, Wolf, Bär und Luchs, im vorigen Jahrhundert noch sehr häufig im bayerischen Wald und in den Alpen, sind nun als Standthiere ausgerottet: doch wechseln sie noch dann und wann aus Tirol und Böhmen über die baye- rischen Grenzen. In den Alpen hatte sich am längsten gehalten der Luchs, nämlich bis in die dreißiger Jahre unseres Jahrhunderts; im bayerischen Walde der Bär, von dessen Geschlecht noch in unserm Jahrhundert in diesem Walde an sechzig erlegt oder lebend gefangen wurden. Der letzte Bär in den Alpen wurde 1835, im bayerischen Walde 1853 erlegt; der letzte Wolf dort 1837, hier 1850. Noch
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